Kommentar:Warnung für die Bürgermeisterin

Früher kritisierte Angelika Obermayr , wenn dem Stadtrat Unterlagen zu spät zur Verfügung gestellt wurden. Doch als Bürgermeisterin macht sie nun den gleichen Fehler

Von Thorsten Rienth

Als sich der Grafinger Stadtrat am 14. Mai 2013 traf, war die damalige Grünen-Fraktionschefin Angelika Obermayr aufgebracht. "Seit 17 Jahren nehmen wir diesen Zustand mehr oder weniger klaglos hin", schimpfte sie. Grund war die Protokoll-Praxis des damaligen Bürgermeisters Rudolf Heiler. Monatelang müsse das Gremium auf die Niederschriften warten. Das behindere eine gewissenhafte Stadtratsarbeit und verstoße obendrein klar gegen die Geschäftsordnung. Die jüngste Bauausschusssitzung lieferte ein gutes Beispiel, wie sich Perspektiven ändern, hier: von der Oppositionsfaktionssprecherin zur Bürgermeisterin.

Am Dienstag war es nun Obermayr, die sich vergleichbarer Kritik stellen musste. Dabei ging es sogar um die für die Stadtratsarbeit weit wichtigeren Beschlussvorlagen. Beinahe wäre es dem BfG-Stadtrat Heinz Fröhlich gelungen, den kompletten Tagesordnungspunkt hinter die Sommerpause zu verschieben. Sein Anliegen ist im Kern wie im ganz konkreten Fall berechtigt: Dreieinhalb Tage reichen niemals, um 61 Seiten eines wahrlich verzwickten Bebauungsplanverfahrens angemessen durchzuarbeiten.

Dass sich CSU und BfG verbündeten ist eine politische Warnung für Obermayr. Sie lautet: Wir spielen diese Praxis nicht länger mit! Umso schwerer wiegt eine solche Ansage, weil Obermayr ohne eigene Mehrheit regiert und sich deshalb stets wechselnde Mehrheiten zusammensuchen muss. Weil die Rathausspitze nicht zum ersten Mal mit verspäteten Vorlagen auffällt, stellt sich langsam auch die Frage nach den dortigen Managementqualitäten. Werden Vorlagen zu spät fertig, liegt das schlicht an einer falschen Priorisierung der Aufgaben.

Bemerkenswert ist das Abstimmungsverhalten der Stadträtin Christiane Goldschmitt-Behmer (Grüne). Noch Anfang des Jahres kritisierte sie Bürgermeisterin wegen einer vergleichbaren Verspätung scharf - und kündigte an, dies künftig nicht mehr akzeptieren zu wollen. Als der Ausschuss über die Vertagung des "Baywa-Bebauungsplans" abstimmte, bliebt ihre entscheidende Hand unten. Parteisolidarität geht also vor Stadtratsarbeit.

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