Kommentar:Vergebene Chance

Musik gehört in die Kiche - schade, dass man das in der Diözesanverwaltung anders sieht

Von Alexandra Leuthner

Dass einem Musik ans Herz gehen kann, weiß jeder, der sich der Macht der Töne nicht vollkommen verweigert. Was wäre Sergio Leones "Spiel mir das Lied vom Tod" ohne das Halbtonziehen von Charles Bronsons Mundharmonika nach den Noten Ennio Morricones, was wäre "Frühstück bei Tiffany" ohne Henry Mancinis "Moonriver"? Kein Liebesfilm ohne Schnulze, keine Hochzeit ohne Hochzeitsmarsch, kein Weihnachten ohne "O Tannenbaum" - und keine Beerdigung ohne "Ave Maria". Dass Musik eine Gabe und "ein Geschenk Gottes" sei, stellte schon Luther fest. "Sie vertreibt den Teufel und macht die Menschen fröhlich."

Gut, die evangelische Kirche tat sich in der Folge gelegentlich schwer mit sphärischen Klängen, sie wurden zum Teil sogar verboten. Die Katholiken hatten es da leichter. Kirchenmusik gehörte immer zum klösterlichen Leben, schon in den ersten Jahrhunderten nach Christus wurden Psalme und Verse gesungen, es entstanden Choräle. Im 5. Jahrhundert brachte Augustinus den Gebrauch von Musik mit der Gotteserkenntnis in Zusammenhang. Und Musiker des Barock und der Klassik, Bach, Mozart oder Vivaldi schufen große Werke kirchlicher Musik. Bis heute haben Chöre, Orgelstücke und Sakralmusik im Gottesdienst tragende Bedeutung, werden die orchestralen Werke großer Komponisten gerade in der Adventszeit in Kirchenräumen aufgeführt - und holen auch Menschen in die Gotteshäuser, die diese sonst selten betreten. Umso verwunderlicher ist es, dass sich die Kirche - also ihre weltliche Organisation - finanziell heraushält, wenn es, wie jetzt in Aßling, darum geht, eine neue Orgel zu finanzieren. Das gehöre nicht zur Grundausstattung einer Kirche, so die Argumentation, nicht wie Tabernakel, Kreuz oder Altar. Das mag stimmen. Mag auch sein, wie eine sehr engagierte Gemeindereferentin dieser Tage auf die Frage eines Kommunionskinds antwortete, dass der Papst in Rom ja auch keine Orgel in seiner Kirche hat. Aber der Petersdom ist auch ganze ohne Musik an 365 Tagen im Jahr voller Menschen.

Der ganz normalen Kirche aber, das zeigen die Austrittszahlen, scheint es immer mehr an guten Argumenten zu fehlen, die Menschen herein zu holen. Musik könnte eines sein. In einer Kirche mit Orgel können Konzerte stattfinden, klingt jedes Kirchenlied einfach nach mehr. Aber anstatt das zu fördern, überlässt die Diözese die Finanzierung ihren Kirchengemeinden. In Markt Schwaben hat man 14 Jahre gesammelt, um die Orgel von St. Margaret wieder auf Vordermann zu bringen, mal sehen, wie lange die Aßlinger warten müssen.

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