Kommentar:Teures Hirngespinst

Eien zweite Grundschule in Grafing ist weder nötig, noch bezahlbar.

Von Thorsten Rienth

Die Gründe für eine zweite Grafinger Grundschule hören sich zunächst einmal schlüssig an. Mehr Nestcharakter, größere Überschaubarkeit, kürzere Schulwege und vor allem in der Kapellenstraße weniger Verkehr. Angesichts der Kosten, die das Rathaus hochgerechnet hat, sind dies allerdings ziemlich schwache Argumente: Alleine für den Bau überschlägt die Stadt 16 Millionen Euro. Hinzu kämen noch die Kosten für Grundstück, Erschließung, Sporthalle und Mensa. Und die veranschlagten Millionen für die Sanierung der Kapellenstraßen-Grundschule wären freilich trotzdem zu bezahlen. Zeit, das dieses Gespenst einer zweiten Schule von der Bühne verschwindet!

Der komplette Grafinger Vermögenshaushalt liegt derzeit bei knapp 11,5 Millionen Euro. Selbst wenn umfangreiche Zuschüsse flößen, dürfte eine zweite Grundschule sämtliche andere große Investitionen auf Jahre stoppen. Wer im Stadtrat also weiterhin einem Teil der Grafinger Eltern schicke Hoffnungen macht, soll bitte auch all jene Projekte nennen, die er im Gegenzug streichen würde.

Diesen Schluss stützen auch die Prognosen der zukünftigen Schülerzahlen. Deren Höhepunkt soll Grafing im Jahr 2030 erreichen. 600 Schüler würde die Einrichtung dann zählen. Das sind gerade einmal 30 mehr, als es beim Höchststand vor ein paar Jahren waren. Anschließend sollen die Zahlen wieder sinken. Machen Millionen Euro für eine neue Schule allen Ernstes Sinn, solange deren langfristige Notwendigkeit derart zweifelhaft ist? Zumindest zurzeit steht der Nutzen einer zweiten Schule in exorbitantem Missverhältnis zu den Kosten. Wenn, wie CSU-Stadtrat Thomas Huber richtig anmerkt, sich ein umfangreicher Schüleranstieg infolge neuer Baugebiete oder Zuzugs langfristig abzeichnet, ließe sich schließlich noch immer reagieren.

Hinter der Entscheidung für den Ausbau meint BfG-Stadträtin Marlene Ottinger einen Skandal zu sehen. Weder gibt es einen solchen, noch lassen sich in dem Prozess Defizite in Sachen Demokratie ableiten. Es macht vielmehr großen Sinn, dass nicht Eltern oder Elternbeiräte über die städtische Grundschulpolitik entscheiden. Denn sie haben in aller Regel andere Interessen, sobald ihre Kinder aus der Schule sind. Aufgabe des Stadtrats hingegen ist es, die Planung aus einer langfristigeren Perspektive zu betrachten.

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