Kommentar:Reformieren, nicht abschaffen

Der Pflegezuschuss ist unverzichtbar, da haben die Sozialdemokraten Recht. Dennoch könnten sich eine Reform lohnen

Von Wieland Bögel

Altern ist nichts für Feiglinge, so ein beliebter Mutmacher-Spruch, und manchmal kann man es wirklich ein bisschen mit der Angst zu tun bekommen. Etwa davor, mit zunehmendem Alter immer unselbständiger zu werden, immer mehr auf Hilfe angewiesen zu sein, auch bei alltäglichen Verrichtungen. Ein bisschen lindern lässt sich diese Furcht mit der Aussicht, wenigstens in gewohnter Umgebung leben bleiben zu können, wenn die Kräfte nachlassen. Was aber nur geht, wenn es genügend und bezahlbare Pflegedienste gibt. Daher ist der Appell der Kreis-SPD, den Zuschuss für Pflegedienste beizubehalten auch ein Beitrag zu mehr Lebensqualität für Pflegebedürftige - gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels.

Was aber umgekehrt nicht bedeutet, dass der Zuschuss genau so weiterbestehen muss, wie es ihn derzeit gibt. Denn aktuell wird weder geprüft, ob der Antragsteller die Finanzmittel wirklich braucht, um sein Angebot zu erhalten, noch wie das Geld genau eingesetzt wird, um die Pflege zu verbessern. Diese Frage zu stellen kann sich durchaus lohnen - vielleicht auch für die Kreiskasse, aber hauptsächlich für die Pflegebedürftigen. Sinnvoll wäre es, den Zuschuss künftig etwa an den tatsächlichen Bedarf koppeln. Etwa in Form einer Art Entfernungszulage für Dienste, die viele Patienten in entlegenen Regionen zu versorgen haben. Schließlich kann, wer längere Strecken zwischen den einzelnen Kunden zurücklegen muss, weniger Fälle übernehmen, als ein Dienst, dessen Kunden alle quasi in direkter Nachbarschaft wohnen.

Keine gute Idee wäre es dagegen, die Zulage - obwohl eine freiwillige Leistung des Landkreises - radikal zu kürzen oder komplett zu streichen. Dies, da sind die Befürchtungen der SPD nicht ganz unberechtigt, könnte durchaus zu höheren Kosten oder schlechterer Verfügbarkeit von Pflegedienstleistungen Zuhause führen. Und dass sich dadurch im Endeffekt Geld sparen ließe, ist auch nicht ausgemacht. Denn auch wenn sich der Kreis vielleicht ein paar Euro spart, müsste er, oder eine andere Stelle der öffentlichen Hand, eventuell mehr zahlen. Dann nämlich, wenn sich ein Pflegebedürftiger wegen der höheren Beiträge dann auf andere Leistungen, etwa aus den Sozialkassen angewiesen ist. Ob dieses Geld dann aus dem Kreishaushalt, aus anderen Steuereinnahmen oder durch Beiträge der Versicherten stammt, macht für die Steuer- oder Beitragszahler keinen Unterschied, lediglich für die Pflegebedürftigen und deren Angehörige würde das Leben noch ein Stück komplizierter.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: