Kommentar:Populismus gegen Fakten

Der Vorsitzende der Zukunft Markt Schwaben macht dem Namen der Wählergruppe bei einer Informationsveranstaltung zum Fluglärm keine Ehre.

Von Max Nahrhaft

Fluglärm ist ein Thema, das jeden betrifft, der in der Nähe eines Flughafens wohnt. Die Geräusche kommen von oben und erreichen die Menschen unterschiedlos - egal ob sie in der Einzimmerwohnung, im Reihenhaus oder auf dem Land leben. Dementsprechend groß ist das Interesse an Informationsveranstaltungen, mehr als 80 Gäste kamen am Mittwochabend ins Markt Schwaben Schweiger Brauhaus.

Die Diskussion war sachlich. Niemand forderte, die Flugtrasse über den Nachbarort zu verschieben oder den Flughafen aufzulösen. Die Bürger brachten stattdessen kluge Fragen an. Warum fliegen die Maschinen nicht über den Ebersberger Forst, dort wo niemand wohnt? Wer legt fest, wie viele Flugzeuge starten und landen? Die SPD-Landtagsabgeordnete Doris Rauscher erkundigte sich nach der gesundheitlichen Belastung durch Fluglärm. Jeder achtete geordnete Umgangsformen und eine Debattenkultur, in der sich Argumente entfalten können.

Fast jeder. Die Ausnahme war der Vorsitzende der Wählergemeinschaft Zukunft Markt Schwaben (ZMS), Wolfgang Korda. Die ZMS hat sich zwar kürzlich bei der Diskussion um das neue Gewerbegebiet mit weitsichtigen und ganzheitlichen Vorschlägen hervorgetan - ein Beispiel, dem Korda an diesem Abend indes nicht folgen wollte. Nach dem Motto "Ihre Daten sind ja schön und gut, aber wir arbeiten mit Gefühlen" ignorierte er den Sachvortrag von Herbert Knur, dem Vorsitzenden der Fluglärmkommission, und fragte ihn stattdessen: "Waren Sie überhaupt schon einmal in Markt Schwaben?" Populismus schlägt Fakten. Zudem warf er dem "Dorfbürgermeister" Knur vor, häufig mit dem Flughafen einer Meinung zu sein und legte ihm den Rückzug aus der Kommission nahe, falls er sich in Zukunft nicht wieder stärker gegen den Fluglärm positioniere. Knur ist dienstältestes Mitglied in der Fluglärmkommission, war 25 Jahre lang Bürgermeister in Berglern - einem Ort in unmittelbarer Nähe des Flughafens - und bis 2005 Vorsitzender der "Schutzgemeinschaft Erding-Nord, Freising und Umgebung", die sich als erste Organisation gegen den Flughafenausbau stark machte. Die Anschuldigungen Kordas führten soweit, dass sich ein Markt Schwabener im Namen der Gemeinde bei Knur für die verbalen Entgleisungen entschuldigte.

Mit echten Lösungsvorschlägen gegen den Fluglärm in Markt Schwaben konnte Korda indes nicht aufwarten. Er versuchte, Lärm, der sich in Dezibel messen lässt, mit Bierzelt-Polemik zu bekämpfen. Die Äußerungen waren weder der Sache noch seiner Wählergemeinschaft dienlich. Angesichts der Aussagen ihres Vorsitzenden gegenüber den vom Fluglärm betroffenen Bürgern muss man sich die Frage stellen, ob die Zukunft Markt Schwabens bei diesem Thema ihrem Namen Ehre macht.

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