Kommentar:Pläne gegen Gehwegfunk

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Bei den neuen Verkehrsregelungen zur Ostumfahrung herrscht Informationsbedarf. Gut, dass Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) das einzuschätzen wusste und mit einer Informationsveranstaltung reagierte

Von Thorsten Rienth

Wenn sie in der Grafinger Stadthalle 400 Stühle in langen Reihen zusammenstecken und am Ende fast jeder einzelne Platz besetzt ist, dann zeigt das zwei Dinge: Dass bei den neuen Verkehrsregelungen zur Ostumfahrung Informationsbedarf herrscht - und ihn Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) einzuschätzen wusste. Denn die gesamte Angelegenheit ist dermaßen kompliziert, dass sie einem klassischen öffentlichen Diskurs - also vielleicht einem Smalltalk in der Schlange beim Bäcker oder beim Warten auf die S-Bahn - nicht ernsthaft diskutierbar ist. Weil sich eben nicht jeder gut in multimodaler Verkehrsflusssoftware auskennt und dazu die Wechselwirkungen mit menschlichem Fahrverhalten in leicht reizüberfluteten Verkehrssituationen, zu denen auch der Grafinger Marktplatz gehört, bewerten kann. Die Komplexität wird also notgedrungen herunterreduziert Teil des örtlichen Gehwegfunks.

Wenn aber Experten wie der Verkehrsplaner Hellmuth Ammerl einmal eine Weile Zeit haben zu erklären, woher erfasste Daten kommen, was in dem Modell an Hirnschmalz steckt und welche Unsicherheiten es noch geben könnte, wird erkenntlich: Bei den neuen Verkehrsführungen schustert niemand wild herum. Dahinter steckt ein durchdachter Plan. Dass er nun auch in großer Runde vorgestellt wurde, machte die Infoveranstaltung wertvoll.

Ein gewisser Anteil der öffentlichen Verwirrung liegt aber nicht am Komplexitätsproblem der Materie. Sie ist einigen Stadträten zuzuschreiben. Man werde die bei den Lederergassen-Anwohnern unbeliebten Ampeln im Stadtrat schon zu verhindern wissen, wurde im Sitzungssaal vor ein paar Wochen noch getönt. Dabei fällt die Entscheidung gar nicht im Stadtrat, sondern beim Landratsamt und Straßenbauamt. Ein anderer geißelte Ammerls Verkehrssimulation als wertlos. In der Marktplatz-Mitte verschwänden schließlich in der Animation plötzlich Autos. Seit Dienstagabend wissen es immerhin 400 Grafinger besser: An besagter Stelle war damals im Stadtrat einfach nur der Bildschirm zu Ende.

© SZ vom 20.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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