Kommentar:Warum so negativ?

Natürlich verändern neue Menschen und neue Wohnungen das Ortsbild eines Dorfes. In Parsdorf sehen sie darin ausschließlich Nachteile. Warum eigentlich?

Kommentar von Jan Schwenkenbecher

Ein Windrad, ein Flüchtlingsheim, Tempo 30 in der Innenstadt, eine neue Schule. Alles tolle Sachen, aber bitte nicht vor der eigenen Haustür. Auch der soziale Wohnungsbau ließe sich der Liste hinzufügen, wie einige Anwohner des Vaterstettener Ortsteils Parsdorf nun mit einer Unterschriftenliste beweisen. Die Liste soll verhindern, dass östlich des Eschenwegs Wohnungen gebaut werden. Neuer, günstiger Wohnraum? Immer gerne, aber doch bitte nicht auf dem Feld hinter meinem Haus.

Die Argumente der Gegner kommen erst mal schlüssig daher. Es gebe ohnehin schon zu viel Verkehr in dem Gebiet, eine Schule und ein Kindergarten stehen dort. Für Sozialwohnungen sei Parsdorf ungeeignet, schließlich gebe es keinen Arzt; um das Dorf zu verlassen, gebe es keine S-Bahn und der Bus führe nur selten und spätestens bis acht Uhr abends. 175 neue Anwohner seien einfach zu viele für einen Ort mit derzeit etwa 1200 Einwohnern. Und Wohnungen direkt neben die Hochspannungsleitung zu setzen, die über dem Acker verläuft, sei gesundheitsschädlich.

Über die Nähe zur Hochspannungsleitung kann man in der Tat streiten: Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt einen Mindestabstand von 400 Metern, das Bauamt ist der Meinung, 30 Meter würden reichen. Ob die Leitungen tatsächlich gesundheitsschädigend sind, ist wissenschaftlich umstritten.

Für die anderen Punkte gilt: Genauso gut, wie sich Argumente gegen die neuen Wohnungen finden lassen, lassen sich auch Argumente dafür finden. Es steht noch gar nicht fest, ob die Wohnungen an die Purfinger Straße angeschlossen werden, wo Schule und Kindergarten stehen. Das ginge auch über die Münchner Straße weiter im Norden. Kein Bus, keine S-Bahn? Sozialer Wohnungsbau bedeutet nicht, dass die Anwohner keine Autos haben. Außerdem fährt der Bus nach Vaterstetten stündlich - nicht ganz so toll, aber machbar. Und dass 175 neue Anwohner zu viel für Parsdorf seien, ist schlichtweg hanebüchen.

Natürlich werden neue Menschen und neue Wohnungen das Ortsbild verändern. Aber anders bedeutet nicht schlechter, anders bedeutet nur anders. Es könnte ja vielleicht auch ganz nett werden, wenn das Gewerbegebiet nicht mehr doppelt so groß wäre wie der Rest vom Dorf.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: