Kommentar:Große Erwartungen

Dass die neuen Kriterien für das geplante Gewerbegebiet in Parsdorf alle eingehalten werden, ist illusorisch. Schlimme Fehlentwicklungen können immerhin ausgeschlossen werden

Von Wieland Bögel

Einer Redensart unter Geschäftsleuten zufolge kommt man mit roten Zahlen nie auf einen grünen Zweig. Dies hat man auch in Vaterstetten erkannt, wo man den roten Zahlen nun mit einem neuen Kriterienkatalog für Gewerbeansiedlungen zu Leibe rücken möchte. Wenn sich Firmen im geplanten Gewerbegebiet nördlich der A 94 ansiedeln wollen, soll sich das auch positiv auf die Gemeindekasse auswirken. Ob es wirklich funktioniert, muss sich zeigen.

Unbestritten ist, dass Vaterstetten dringend Geld braucht, viel Geld. Die Liste der Vorhaben ist lang, vom Neubau der Grund- und Mittelschule sowie der Gemeindebücherei über die Sanierung zwei weiterer Schulen bis zum neuen Rathaus oder dem seit Jahrzehnten in der Warteschleife hängenden Veranstaltungssaal. Einiges davon, wie die neue Schule, lässt sich noch - zumindest zum Teil - über den Verkauf von Grundstücken finanzieren, was aber ein endliches Geschäftsmodell ist, unbegrenzt Land steht eben nicht zur Verfügung. Bleibt also nur, die Einnahmen zu steigern, besonders bei der Gewerbesteuer, wo Vaterstetten im Vergleich zu seinen Nachbarn noch deutlichen Nachholbedarf hat. Diesen versuchte man in der Vergangenheit durch schiere Größe aufzuholen. Vor drei Jahren begann die Bebauung des 30 Hektar großen Gewerbegebietes in Parsdorf, insgesamt gut 80 Hektar Gewerbefläche stehen in der Großgemeinde zur Verfügung. Deren Ausbeute für den Vaterstettener Haushalt ist indes unterdurchschnittlich, weshalb beim nächsten Gewerbegebiet alles besser werden soll. Mehr Arbeitsplätze, mehr Steuereinnahmen, möglichst keinen zusätzlichen Verkehr, das alles sollen künftige Gewerbeansiedlungen leisten.

Das klingt fast zu gut, um wahr zu sein - und ist es wohl auch. Denn die Einhaltung der Kriterien zu garantieren ist leider nahezu unmöglich. Das beginnt schon bei der Gewerbesteuer: Zwei Millionen Euro pro zehn Hektar möchte die Gemeinde festschreiben, aber auf welcher Grundlage soll dies berechnet werden? Wie kann eine Firma, die es noch gar nicht gibt, Einnahmen garantieren? Was passiert, wenn das Geschäft schlechter läuft als geplant? Müssen dann die Lagerhallen in Parsdorf geräumt werden, zugunsten profitablerer Nachfolger? Ähnlich sieht es mit den Arbeitsplätzen aus, die Gemeinde kann keine Firma aus dem Gewerbegebiet schmeißen, weil diese zu viele Mitarbeiter rausgeschmissen hat.

Trotzdem bleibt der Kriterienkatalog an sich eine gute Sache. Denn eine grobe Skizze ist immer noch besser als gar kein Plan. Auch wenn sich die nun beschlossenen Vorgaben wohl kaum buchstabengetreu umsetzen lassen, kann man zumindest gewisse Fehlentwicklungen der Vergangenheit diesmal ausschließen, indem Firmen, welche die Vorgaben sicher nicht erfüllen werden, von vornherein keinen Zuschlag erhalten.

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