Kommentar:Geschenke für die Falschen

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Vaterstetten weist im neuen Wohngebiet Einheimischenbauland aus. Doch statt teure Almosen an die Mittelschicht zu verteilen, sollte sie lieber Sozialwohnungen bauen

Von Wieland Bögel

Eigener Herd ist Goldes wert, behauptet ein Sprichwort. Zumindest für das Grundstück, auf dem einmal der Herd samt Haus drumherum entstehen soll, stimmt das mit dem Gold auf jeden Fall. Etwa in Vaterstetten, wo sich der Baulandpreis langsam, aber sicher in Richtung Vierstelligkeit bewegt. Damit auch Normalverdiener in den Genuss eines eigenen Häuschens kommen, hat der Gemeinderat daher beschlossen, dass es im neuen Wohngebiet ein Einheimischenbauland geben soll. Wer schon einige Jahre in Vaterstetten lebt und über ein nicht allzu großes Vermögen verfügt, soll sich dort ein Stück Land zu günstigen Konditionen kaufen können. Bebauen, so der bisherige Plan, sollte dieses Grundstück dann jeder selbst, ganz nach Geschmack und vor allem nach Geldbeutel. Doch dieser Plan ist nun wohl vom Tisch, der neue Plan lautet, dass ein Bauträger 40 Reihenhäuser errichtet, was für die künftigen Eigentümer erhebliche Folgen hätte - negative wie positive.

Das Negativste vorab: Mit dem Bauträger wird es teurer. Da muss man gar nicht das extreme Beispiel der Wolfsschlucht in Grafing bemühen, wo dank Luxusausführung das billigste Haus eine Dreiviertelmillion Euro kostete. Auch ein ganz normales und unluxuriöses Reihenhaus wird niemals so billig sein wie eines, in das sein Bewohner zwar weniger Geld, aber viel eigene Arbeit investiert. Ebenfalls negativ könnten manche es empfinden, dass sie praktisch ein Haus von der Stange kaufen müssen. Für viel Individualität bei Planung und Gestaltung ist eben in einer Reihenhaussiedlung aus einer Hand kein Platz. Wobei dieser Punkt andererseits gleichzeitig etwas Positives hat: Wo der eine Individualität schätzt, legt ein anderer vielleicht Wert auf ein einheitliches Erscheinungsbild. Dazu gehört auch, dass die Häuser beim Bauträgermodell alle zur gleichen Zeit fertig werden, während es beim Modell Eigenbau über Jahre heißt: "Bastelst du noch oder wohnst du schon", beziehungsweise: "Ist dann mal endlich Ruhe da drüben!" Ebenfalls für das Bauträgermodell in Vaterstetten spricht, dass dadurch eine gemeinsame Tiefgarage möglich wird, was angesichts der chronisch zugeparkten Straßen in der Großgemeinde eine sehr sinnvolle Sache ist.

Bei allem für und wider Bauträger oder Eigenleistung kommt allerdings eine Frage zu kurz: jene nach der Sinnhaftigkeit von Einheimischenbauland. Natürlich ist es schön, wenn auch weniger begüterte Familien ein kleines Häuschen bekommen, aber eigentlich gälte es andere zu bedenken. Bevor die Gemeinde teure Almosen an die Mittelschicht vergibt, sollte sie die Grundstücke lieber für sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellen, denn da wären sie wirklich Gold wert.

© SZ vom 05.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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