Kommentar:Gefährliche Einschüchterung

Es darf nicht sein, dass das Grafinger Eishockey-Stadion zum Treffpunkt für gewalttätige Horden wird. Inzwischen bleiben die Ränge bei Spielen leer, weil sich die heimischen Fans fürchten

Von Anja Blum

Der Kessel ist gehörig unter Druck gestanden am Freitagabend, doch zu einer Explosion kam es Gott sei Dank nicht. Denn die Polizei und der EHC Klostersee, letzterer in Person zahlreicher gewerblicher Sicherheitskräfte, hatten derart aufgefahren, dass jeder Versuch einer physischen Attacke sofort im Keim erstickt werden konnte. Doch kann es das gewesen sein? Darf so die Lösung für künftig friedliche Eishockeyspiele in Grafing aussehen?

Mit Sicherheit nicht. Denn eingeschüchtert werden durch eine solch martialische Polizeipräsenz in erster Linie nicht die Schläger, sondern die normalen Zuschauer. Es kann nicht sein, dass eine Partie der Oberliga zu einer Veranstaltung mutiert, die einer Sicherheitskonferenz mit hochrangigen Politikern gleicht. Dass die Grafinger Zuschauer, die in der Mehrheit ja einfach nur ein Spiel verfolgen und ihre Mannschaft anfeuern wollen, sich fühlen, als seien sie hier in eine brandgefährliche Situation geraten. Schließlich führt das nur dazu, dass das "gute" Publikum ausbleibt, wie bereits am Freitag an den größtenteils leeren Rängen deutlich zu sehen war. Außerdem hat eine so allgegenwärtig spürbare Bedrohung zur Folge, dass vernünftige Väter ihre Söhne nicht mehr mit ins Stadion nehmen. Und das wiederum kann der EHC doch nicht wollen. Schließlich ist er ein Sportverein, der vor allem von seiner Jugendarbeit profitiert, dessen wichtigstes Kapital der heimische Nachwuchs ist. Ganz zu schweigen davon, dass freie Plätze immer auch der Bilanz schaden, und die Mobilen Einsatzkommandos der Polizei anderswo sicher dringender gebraucht werden.

Insofern müssen schleunigst andere Lösungen gefunden werden, die die Sicherheit im Stadion langfristig garantieren. Es darf nicht sein, dass bauliche Maßnahmen, mit denen die Fanblöcke besser räumlich voneinander getrennt werden könnten, wie bislang am Brandschutz scheitern. Und der EHC muss seiner Verpflichtung, bei sogenannten gefahrgeneigten Spielen mindestens zehn Ordner bereit zu stellen, künftig lückenlos erfüllen. Denn das Grafinger Stadion darf nicht länger ein Brennpunkt der Aggression und ein Treff für Schläger aus dem ganzen Münchner Raum sein, wie manche Kenner der Szene seit geraumer Zeit vermuten. Außerdem hat es dieser schnelle, kraftvolle und elegante Sport einfach nicht verdient, von einigen wenigen gewaltbereiten Fans in eine Außenseiterrolle gedrängt zu werden.

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