Kommentar:Entscheidung mit Signalwirkung

Damit der Landkreis in Sachen Energiewende nicht bei den Hinterwäldlern bleibt, sollten Gegner von Windrädern mal einen Ausflug nach Baden-Württemberg machen

Von Karin Kampwerth

Mit einem Windrad ist es wie mit dem Dschungelcamp: Keiner will es sehen. Wobei bei Ersterem wenigstens noch alle dafür sind - wenngleich in Bayern und auch im Landkreis Ebersberg mit der kleinen Einschränkung, dass die Anlagen nicht gerade Richtung Alpen, im Ebersberger Forst oder in Sichtweite der Kaffeetafel auf der eigenen Terrasse stehen sollten. So verhält es sich wohl auch mit dem Protest gegen das geplante Windrad im kleinen Weiler Hamberg bei Bruck, das sechs Landwirte dort realisieren wollen. Seit fast dreieinhalb Jahren mühen sich die innovationsfreudigen Bauern, die mit der 180 Meter hohen Anlage ein sichtbares Zeichen für die Energiewende setzen wollen, mit Anwohnern ab, die das verhindern wollen - und nun wohl die positive Entscheidung des Ebersberger Landratsamtes für das Brucker Windrad juristisch anfechten werden.

Das ist gut so, weil es die demokratische Grundordnung unseres Zusammenlebens unterstreicht, welche die Gegner des Projektes mitunter bezweifelten. Sie hatten dem Landrat während der oftmals emotional aufgeheizten Debatte vorgeworfen, die Anlage politisch durchsetzen zu wollen.

Unabhängig davon, wie die ganze Geschichte irgendwann einmal vor Gericht beendet wird, hat die Entscheidung des Landratsamtes für das Windrad Signalwirkung - und zwar auf all jene, die glauben, mit dem Erwerb eines Grundstücks im Grünen das Recht auf eine bayerische Bilderbuchlandschaft dazu gepachtet zu haben. Wer aufs Land zieht, sollte wissen, dass dieses meist auch landwirtschaftlich genutzt wird. Und dass Bauern längst nicht mehr nur Lebensmittel produzieren, sondern auch Energie - deutlich sichtbar an den vielen Maisfeldern, deren Erträge die steigende Anzahl an Biogasanlagen füttert. Genauso wenig trachten Bauern Rotmilanen, Fledermäusen oder anderen Tieren nach dem Leben. Sie haben dennoch verstanden, dass man die eine oder andere Kröte schlucken muss, um für die nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Umwelt zu hinterlassen. Windräder sind dabei allemal die bessere Wahl als Kohle- oder Kernkraftwerke. Dass man mit drehenden Rotoren auch inmitten schönster Natur und hügeliger Landschaft gut leben kann, würde ein Ausflug ins benachbarte Baden-Württemberg schon zeigen, wahlweise aber auch nach Spanien, Frankreich oder an die ligurische Küste in Italien. Wer das ignoriert, riskiert, dass die Bayern in Sachen Energiewende Hinterwäldler bleiben.

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