Kommentar:Entfesselnde Shows

Die Gruppe Movimento ist mit ihrem Können längst den Schulturnschuhen entwachsen - deshalb ist es nun der richtige Schritt, sich vom Gymnasium Grafing zu lösen

Von Karin Kampwerth

Was haben sie nicht nur eingeschworene Fans vermisst: die atemberaubenden Shows der Artistikgruppe Movimento. Wie oft stockte den Zuschauern der Atem, wenn sich die jungen Künstler wieder zu schwindelerregenden Menschentürmen aufbauten, Mädchen in Vertikaltücher verschlungen unterm Manegenhimmel Verrenkungen zeigten oder äußerst bewegliche Burschen nur mit den Füßen kopfüber an einer Turnstange, der Chinese Pole, schaukelten. Bei der Premiere des Ebersberger Kulturfeuers im Sommer 2014 waren die Movimentos unbestrittene Stars des Programms, für die eigens am Ebersberger Volksfestplatz ein Zirkuszelt aufgestellt wurde.

Umso größer der Schock, als der Chef der Truppe, der damalige Grafinger Gymnasiallehrer Stefan Eberherr, ein Jahr später eine Pause ankündigte und das Wahlfachprogramm im Bereich der Bewegungskünste zusammenstrich. Nicht zuletzt auch, weil seine Auffassung davon, wie sein Engagement für die Artistik an der Schule zu fördern sei, mit den Gegebenheiten am Grafinger Gymnasium kollidierte.

Deshalb ist es eine gute Nachricht, dass Eberherr nun die Fesseln einer schulischen Veranstaltung abgeworfen und Movimento in einen Verein überführt hat. Von September an können sich die Artisten unter dem Dach des TSV frei entfalten. Die Sorgen, die Eberherr plagen, ob sich denn auch genügend junge Menschen finden, sind sicher unbegründet. Im Gegenteil: Nun dürfen auch Kinder und Jugendliche mitmachen, die nicht das Gymnasium besuchen. Eberherr will in seiner Gruppe integrativ arbeiten, etwa mit Migranten.

Mit einer ähnlichen Öffnung hat bereits das Grafinger Jugendorchester von Hedwig Gruber beste Erfahrungen gemacht. Auch sie löste sich mit ihren Musikern vom Gymnasium, nachdem die Interessen von Schule und Orchester nicht mehr vereinbar waren. Dafür gehört das Jugendorchester inzwischen zu den kulturellen Vorzeigeobjekten des Landkreises. Ähnlich wird es den Mitgliedern von Movimento ergehen. Mit ihrer Kunst und ihrem Können sind die Artisten den Schulturnschuhen ohnehin längst entwachsen.

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