Kommentar:Eine Gemeinde ist wachsam

Doch der Hinweis im Gemeindeblatt auf rechtsextreme Umtriebe macht mehr Angst als dass er aufklärt

Von Isabel Meixner

Der NSU-Prozess oder das Oktoberfestattentat 1980, das - zumindest nach damaliger Einschätzung der Polizei - auf das Konto eines Einzeltäters ging, haben gezeigt: Rechtsextreme brauchen keine Parteienstruktur oder große Gruppierungen, um ihre Taten ausüben zu können. Vor diesem Hintergrund zeigt sich, wie wichtig es ist, dass Bürger wie nun ein Zornedinger Paar wachsam sind und der Polizei mitteilen, wenn Menschen in ihrem Umfeld erkennbar für braunes Gedankengut empfänglich sind. Genauso wichtig ist, dass Behörden, denen häufig ein gewisser Amtsschimmel nachgesagt wird, sensibel mit Rechtsextremismus umgehen und nicht abwiegeln mit dem Satz: "Das gibt es bei uns nicht." Denn auch wenn die jüngsten Ermittlungen des Staatsschutzes keine Anklagen oder Strafbefehle zur Folge hatten, hat sich gezeigt: Es ist nicht so, dass in Zorneding Rechtsextremismus ein Fremdwort ist.

Dennoch muss sich die Rathausverwaltung fragen lassen, ob sie mit ihrem Hinweis im Gemeindeblatt auf rechte Aktivitäten alles richtig gemacht hat. Die Sätze stehen in ihrer vollen Wucht da. Keine Einordnung, kein Wort darüber, dass der Hinweis auf den Beobachtungen eines Paares basiert, dass derzeit nur ein Haus mit Bewohnern offensichtlich rechter Gesinnung bekannt ist, dass die Polizei den Fall untersucht hat, aber nichts strafrechtlich Relevantes gefunden hat. Menschen, die diesen Hintergrund nicht kennen, denken bei den Zeilen automatisch an brennende Asylbewerberunterkünfte, die es in jüngster Vergangenheit leider immer wieder gab. So, wie er veröffentlicht wurde, klingt der Hinweis Furcht einflößend, ja, er klingt sogar so, als hätte die Gemeinde konkrete Hinweise auf rechte Straftaten in der Gemeinde oder eine Neonazi-Szene, die sie aber lieber verheimlicht.

Ihre Offenheit wird für die Gemeinde somit zum Eigentor. Sie macht sich angreifbar für das Argument, einen Einzelfall aufzubauschen. Dabei ist ihr Anliegen durchaus ein gutes: Sie will rechtsextremen Kräften zeigen, dass sie wachsam ist und braune Aktivitäten nicht toleriert. Und sie fordert die Bürger auf, auch dort die Augen offen zu halten, wo der Staatsschutz vielleicht (noch) nicht eingreifen kann.

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