Kommentar:Die meisten tauchen unter

Kein gutes Bild, was die Ebersberger Politiker nach dem Überfall auf den Döner-Imbiss abgeben

Von Thorsten Rienth

Der erste Schock über den Rechtsextremen-Angriff auf den Döner-Imbiss am Ebersberger Bahnhof ist vorüber. Eine gute Gelegenheit, mit der Auseinandersetzung über Hintergründe zu beginnen und die Schlüsse daraus zu ziehen. Einen Debattenbeitrag, der dem gerecht wird, liefert aus politischer Sicht bislang nur der SPD-Bundestagsabgeordnete Ewald Schurer. Der große Rest taucht unter oder versteckt sich hinter Betroffenheitsfloskeln.

Fast eine ganze Seite davon gibt es in Form einer Pressemitteilung des CSU-Kreisverbands. Landrat Robert Niedergesäß fühlt sich parallel dazu berufen mitzuteilen, dass er bisweilen selbst in dem Imbiss speise. Landtagsabgeordneter Thomas Huber, auf dessen Internet- und Facebook-Seiten jeder Feuerwehrzuschuss zum lokalpolitischen Happening gerät, räumt dem Überfall nicht einmal eine Randnotiz ein. Das sagt viel aus über die Wertigkeit, die den Vorkommnissen in Wahrheit beigemessen wird.

Er sei erschüttert über diese rechtsextreme Gewalt, schreibt CSU-Bundestagsabgeordneter Andreas Lenz am Dienstagmittag auf seiner Facebookseite. Doch wie glaubwürdig ist das, wenn er ein paar Stunden später auf Kommentare dazu mit solchen Sätzen weitermacht: "Wir drängen überall auf weitere Maßnahmen zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen!!"? Schließlich relativiert er die rechte Gewalt mit dem Hinweis auf "sehr gewaltbereite linke Gruppierungen!". Allein: Um die geht es in Ebersberg gar nicht. Angegriffen haben Rechtsextreme.

Und Lust auf eine differenziertere Betrachtung hat Lenz, früher wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Münchner Eliteuniversität, offenbar genauso wenig. Schnell hätte er nämlich einen gravierenden Unterschied feststellen können: "Rechte Gewalt lässt deutlich öfter Tötungsbereitschaften erkennen." Das sagt nicht irgendein Antifa-Blog. Sondern der Totalitarismusforscher Matthias Mletzko, der im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung das "Gewalthandeln linker und rechter militanter Szenen" untersuchte (Aus Politik und Zeitgeschichte; APuZ 44/2010 ).

Das Unvermögen, den Überfall im Spannungsfeld zwischen Anteilnahme und politischer Instrumentalisierung zu reflektieren, fällt aber nicht nur bei der CSU auf. Sondern auch bei der SPD-Landtagsabgeordneten Doris Rauscher. Die wirbt auf ihrer Facebookseite für eine neuerliche Mahnwache am Wochenende - mit einem Foto von ihr und einem der Opfer am Krankenbett.

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