Kommentar:Der Wert der Integration

Zentrale Flüchtlingsunterkünfte mögen billiger sein - doch so einfach ist Rechnung letztlich nicht

Von Carolin Fries

Die Nachricht trifft die Asylbewerber in den Containern in Grafing aus heiterem Himmel. Ja, die Wolken hatten sich in den vergangenen Monaten gelichtet, die jungen Männer aus Afrika haben nach ihrer Flucht und den Erlebnissen, die sie dazu veranlasst haben, wieder die Sonne gesehen. Sie sind in Grafing auf Menschen getroffen, die ihnen geholfen haben, den Blick nach vorne zu richten - obwohl für viele noch immer nicht klar ist, wie es weitergehen soll, weil die Anträge noch immer nicht bearbeitet sind. Die räumlichen Bedingungen in der Notunterkunft waren nicht die besten, aber man hat sich arrangiert. Seitens der Stadt oder der Schule gab es keine Beschwerden - weil man aufeinander zugegangen ist. Nun reißt man die geknüpften Verbindungen gewaltsam auseinander, die Containerunterkunft wird aufgelöst.

Nicht die Helfer, die ihre Schützlinge verlieren, sind die Leidtragenden. Doch sie haben die Kraft, ihre Stimmen zu erheben und auf die Auswirkungen solcher bürokratischer Entscheidungen hinzuweisen. Weshalb reißt man Menschen aus einem funktionierenden sozialen Gefüge, die keine Turnhalle belegen und den schulischen Alltag und die Arbeit der Vereine nicht beeinträchtigen? Monatelang hat man an die Solidarität der 21 Landkreisgemeinden appelliert, jede möge ihren Anteil leisten. Jetzt sollen Pliening und Poing es nahezu alleine machen. Natürlich gibt es auch dort engagierte Menschen und Helferkreise. Die würden aber bestimmt nicht schimpfen, wenn es am Ende "nur" 200 Menschen sind, um die sie sich kümmern müssen.

Gewiss, die Regierung spart sich Geld, wenn sie bestehende Hallen voll belegt. Doch hat sie den Wert der in Grafing bereits geleisteten Integrationsarbeit bei dieser Rechnung nicht berücksichtigt. Die entscheidende Frage ist nach wie vor, warum man die wertvolle Arbeit der Ehrenamtlichen nicht als solche anerkennt. Oder anders gefragt: Kann oder will man sich sozial verträgliche und die Integration förderliche dezentrale Unterkünfte nicht mehr leisten?

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