Kommentar:Bekenntnisse statt Spielchen

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Mit seinem Beschluss zum Klimaschutzkonzept hat sich der Grafinger Stadtrat zu Gegenmaßnahmen bekannt. Dies hätte allerdings längst passieren müssen

Von Thorsten Rienth

Die Debatte ums Grafinger Klimaschutzkonzept zog sich in der Stadtratssitzung am Dienstagabend schon fast eine Stunde, da kramte Josef Biesenberger (Grüne) ein buntes Blatt hervor. Eines jener Dokumente, mit denen Klimaforscher Politikern plakativ die Dringlichkeit ihrer Anliegen erklären. Die Grafen darauf zeigten die von Eis bedeckte Meeresoberfläche im Jahresverlauf, noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen waren die Polkappen weiter abgeschmolzen, warnte eine dunkelrote Linie für das Jahr 2016. Der Grafinger Stadtrat entschloss sich schließlich für ein Klimaschutzkonzept und einen entsprechenden Manager.

Mit seinem Beschluss am Dienstag hat sich Grafing zu einem - wenn auch kleinen - Beitrag in Form von Gegenmaßnahmen bekannt. Dies hätte allerdings längst passieren müssen. Die Stelle eines städtischen Klimaschutzmanagers schwirrt seit Jahren in schöner Regelmäßigkeit durch die Gremien - ein Erbe des ehemaligen SPD-Stadtrats Olaf Rautenberg. Die progressive Gruppe hinter dem Ansinnen war einst viel zu klein, um Fakten zu schaffen. Und der große Rest interessierte sich schlicht nicht für Klima-Themen. Stattdessen standen neue Parkplätze an, eine Ostumfahrung und ein erweitertes Gewerbegebiet. Der Nordpol war von Grafing nicht nur geografisch weit weg.

Wenn es zwischendurch dennoch voranging, fand sich stets jemand, der einen vertagenden Streit vom Zaun zu brechen wusste. Solche, den Grafinger Stadtrat seit Jahren lähmenden parteipolitischen Egoismen, prägten auch die jüngsten Monate der Klimaschutzdebatte. Zum Beispiel, als CSU-Stadtrat Thomas Huber im Dezember herausrutschte, dass eine Halbtagsstelle für einen Klimaschutzmanager viel zu wenig sei. Prompt landete ein Grünen-Antrag im Rathaus mit der Forderung einer Vollzeitstelle - eine Provokation. Als sie wenig später zur Abstimmung stand, grätschte das Bündnis für Grafing (BfG) mit einem Geschäftsordnungsantrag dazwischen. Es fehlten Informationen, hieß es, konkreter wollte niemand werden. Bei der Abstimmung beugte sich schließlich die CSU zum BfG-Mehrheitsbeschaffer herab. Nicht, weil man Ansichten teilte, sondern weil es an der Zeit schien, die Grünen in die Schranken zu weisen.

Kein Wunder also, dass die Dinge im Grafinger Stadtrat nicht vorangehen, wenn dort solche Spielchen anstelle der Ausnahme immer mehr zur Regel werden.

© SZ vom 16.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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