Kommentar:Anderswo sinnvoller

Wer als erster "Hier" schreit, bekommt zusätzliches Geld für Kitas. Das ist eine Förderung ohne Plan und Ziel

Von Wieland Bögel

50 Cent. So viel Geld pro Kind und pro Tag - Ferien und Wochenenden bereits abgezogen - bringt der neue Qualitätsbonus Plus den Kitas. Das ist geradezu lächerlich wenig. Dass sich damit die Qualität der Einrichtungen spürbar oder überhaupt verbessern lassen soll, ist daher nicht zu erwarten. Umgekehrt sind die Ausgaben, die den Kommunen durch diesen Bonus entstehen, alles andere als lächerlich wenig. So würde etwa Poing rund 120 000 Euro im Jahr zusätzlich ausgeben müssen. Doch nicht nur wegen der hohen Ausgaben der Gemeinden und der geringen Einnahmen der Kitas ist der Qualitätsbonus Plus eher imposant klingende Worthülse als wirkliche Problemlösung.

Das beginnt schon bei der Frage, was mit dem Bonus erreicht werden, wofür die Summe von 107 Euro pro Kind und Jahr ausgegeben werden soll. Ein neuer Anstrich fürs Klettergerüst? Ein paar zusätzliche Spielsachen? Ein Aufschlag auf die dann immer noch nicht üppigen Gehälter der Angestellten? Möglich wäre auch ein bisschen von allem, einen festgeschriebenen Verwendungszweck gibt es für den Qualitätsbonus nämlich keinen. Genauso wenig wie einen Anspruch darauf. Ob gezahlt wird, hängt vom politischen Willen der jeweiligen Kommune ab - und den pekuniären Möglichkeiten. Ist diese zu klamm, um die Hälfte der Summe aufzubringen, gibt es auch kein Geld vom Freistaat. Dass die Gesamtsumme auf 63 Millionen Euro gedeckelt ist, dürfte für so manche Kommune ein Anreiz sein, sich - trotz dessen offensichtlicher Mängel - für den Bonus zu entscheiden, nach dem Motto: Bevor man gar nichts bekommt . . .

Doch genau dies wäre vermutlich sinnvoller: gar nichts, und zwar für alle. Denn wenn der Freistaat 63 Millionen Euro für die Verbesserung der Qualität in den Kitas ausgeben will, gäbe es andere, sinnvollere Möglichkeiten. Man könnte das Geld etwa in mehr Ausbildungsplätze für dringend benötigte Erzieherinnen investieren. Oder es als Grundstock für einen Pensionsfonds anlegen, um die drohende Altersarmut im Niedriglohnsektor Kinderpflege abzumildern und den Job vielleicht etwas attraktiver zu machen. Möglich wäre auch, die Millionen in Form eines staatlichen Lohnzuschusses auszuzahlen - an alle Erzieher. Aber einfach ein Fass aufzumachen und 63 Millionen ohne Plan und Ziel unter die Kitas und Gemeinden auszuteilen, die als erste "Hier" schreien - dafür ist das Geld dann doch zu schade.

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