Kneipenmusikfest in Grafing:Singing in the rain

Obwohl das Highlight ausfällt und der Lokalwechsel erschwert ist, wird die Party keineswegs zum Reinfall.

Thorsten Rienth

Just zu der Zeit, an der das Grafinger Kneipenmusikfest normalerweise so richtig an Fahrt gewinnt, lassen sie am Marktplatz die Klappen des Getränkeverkaufswagens herunter. Es ist erst 21 Uhr und ein Symbolbild für das, was sich im Laufe des Abends noch bestätigen wird: Das diesjährige Kneipenfest fällt gehörig ins Wasser. Die Laune hat sich deshalb trotzdem niemand verderben lassen - im Gegenteil: Es gab auch Profiteure des Regenwetters.

Kneipenmusikfest in Grafing: Das Kneipenfest in Grafing: Trotz Regen ein Erfolg.

Das Kneipenfest in Grafing: Trotz Regen ein Erfolg.

(Foto: region.ebe)

Zum Beispiel den "Heckerbräu". Ungefähr zur gleichen Zeit, als auf dem Marktplatz vor kichererbsengroßen Regentropfen kapituliert wird, ist in der Gaststätte kein Durchkommen mehr. Wer jetzt noch zu den Atomic Rocketeers will, muss an der Türe erst anstehen, dann über viele Füße steigen und während des Konzerts hinten an der Wand den Hals sehr lang strecken. Zu stören scheint das niemanden, geht es doch beim Kneipenmusikfest ohnehin vor allem ums Hören. Bei den Atomic Rocketeers ist das lauter Rock'n'Roll und Rockabilly, bei dem die Musiker die Stile ihrer musikalischen Vorbilder vereinen. Es klingt also nach den Stray Cats, Big Six, Eddie Cochran und Carl Perkins.

"Für die is' des a g'made Wies'n", kommentiert das Rudi Baumann, Mardi Gras-Musiker und einer der Organisatoren des Grafinger Festes. Im Regen steht es sich ungemütlich, die Leute strömen deshalb in die Kneipen rund um den Marktplatz. An Baumanns Gesichtsausdruck ist dennoch abzulesen, dass ihm ein klassischer Sommer-Samstagabend lieber gewesen wäre.

Dann wäre nämlich auch nicht der wohl bekannteste Programmpunkt des Abends ausgefallen - die Swinging G's. "Wir waren schon am Aufbauen", erzählt Trompeter Florian Landerer später. Da schoben sich aus südlicher Richtung beinahe schwarze Regenwolken heran. "Da war es klar, dass das heute nichts mehr werden kann", sagt er. Ein Ausweichquartier war für eine derart große Combo in der Kürze der Zeit nicht mehr aufzutreiben. Es war ja nicht einmal für den Abbau Zeit: Von den Bierbänken, die am Urtelbach hastig unter das leere, weiße Zelt geschoben werden, tropft das Wasser.

Was passiert, wenn man trotzdem auftritt, bekommt die Band Bajuvarix hinterm "Canapee" zu spüren. Sie spielen vor einer Handvoll Zuhörern und unter Sonnenschirmen, die zu Regenschirmen werden. Das allerdings hat auch etwas Positives: die Zuhörer bekommen für günstiges Geld ein Privatkonzert. Der eigentliche Clou des Kneipenfests, an dem Abend drei, vier Mal die Kneipe zu wechseln und so für zehn Euro Eintritt gleich eine ganze Reihe von Bands zu hören, funktioniert am Samstagabend nur eingeschränkt. Schon um 22 Uhr sind die Pfützen um den Marktplatz so tief und groß, dass sie einen einzigen See bilden. Bei jedem Auto spritzt das Wasser bis an die Hauswände hoch. Nur wenige wollen deshalb zwischen Urtelbach und Heckerkeller hin und her ziehen.

Wer zur gleichen Zeit in der Grafinger Jugendinitiative (Jig) vor der Bühne steht, könnte den Auftritt der Indierockband Silversound für Galgenhumor halten. "My Sweet sunshine" singen sie und die gerade angekommen Besucher sind nicht zu übersehen: Wasser tropft aus den Haaren, T-Shirts und Tops sind klatschnass und hinterm Eingang des Treffs liegen Regenschirme.

Wie in vielen anderen Kneipen, wo Jugendliche zusammen mit ihren Eltern unterwegs sind, zeigt sich hier eine ähnlich familienzusammenführende Wirkung des Kneipenfests: Erstaunlich viele Erwachsene tummeln sich unter den tanzenden Jugendlichen. Dabei treffen sich zum Beispiel der frühere Grünen-Stadtrat Martin Peters, gerade Anfang 20, und der mehr als doppelt so alte CSU-Fraktionschef Max-Josef Schlederer. Als der um 23 Uhr den Regenschirm aufspannt und strammen Schrittes gen Marktplatz eilt, glauben einige erst an einen Kurzbesuch. Nein, korrigiert jemand. "Der war echt cool, der ist eine ganze Weile hinten gestanden und hat sich das Konzert angeschaut!"

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: