Klimaschutz:Gratis aber unbeliebt

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Privathaushalte fördern den Klimawandel. Gemeinden bieten deshalb kostenlose Energieberatungen an. Mit geringem Erfolg

Von Anselm Schindler, Ebersberg

Der Bürger ist eine träge Gattung, die oft erst dann in die Gänge kommt, wenn es schon fast zu spät ist. Das ist auch bei der Energiewende so. Mögen die Lösungen, die von der Kommunal- oder Regionalpolitik in Sachen Klimaschutz vorgeschlagen werden, auch noch so effizient oder genial sein: Zur Umsetzung brauchen Rathäuser und Landratsämter die Bürger. Ohne Max Mustermann und Otto Normalverbraucher wird die Sache nicht laufen.

Das Ziel: Die Bürger mitnehmen. Nur wie? Nicht alle Maßnahmen, die den Bürgern dabei helfen sollen, Energie zu sparen oder in regenerative Energiequellen zu investieren, haben im Landkreis in den vergangen Jahren Früchte getragen. Als Negativ-Beispiel dienen hier die Energieberatung, die viele Gemeinden ihren Bürgern in den Rathäusern anbieten. Das Konzept: In Beratungsgesprächen stellt die Gemeinde Bürgern, welche Fragen zu Sanierung und Wärmeeffizienz ihrer vier Wände haben, einen kompetenten Ansprechpartner zur Seite. So zumindest lautet die Theorie.

Architekt Martin Wäsler kennt die Praxis. Der Glonner Architekt ist einer der Experten, die ein mal im Monat im Glonner Rathaus Fragen zu ökologisch sinnvollen Sanierungsmaßnahmen beantworten. Oder: Beantworten könnten. "Während meiner Dienstzeit kam keine Beratung zustande", moniert Wäsler.

Nur geringfügig besser läuft es in der Gemeinde Anzing: Jeden Donnerstag haben Bürger dort zwischen 17 und 18 Uhr die Möglichkeit, die Energieberatung in Anspruch zu nehmen. Monatlich kämen aber nur ein bis zwei Bürger zu den Gesprächen, wie der Verwaltungsfachangestellte Daniel Zygalakis erklärt.

Auch das Energieforum Poing bietet Beratung zu Sanierungsmaßnahmen an, berichtet Bürgermeister Albert Hingerl. In Poing finden die Beratungsstunden immer donnerstags statt und werden von verschiedenen Energieexperten geleitet. Doch auch in Poing ist die Nachfrage bescheiden: Fanden im Jahr 2013 noch 26 Beratungen statt, waren es im Jahr darauf nur noch 13, im vergangenen Jahr noch fünf.

In manchen Gemeinden des Landkreises wird die kostenlose Energieberatung gar nicht erst angeboten, dort sind die Bürger dann auf eine private Beratung angewiesen. Und diese kann mitunter sehr teuer sein: Das Ebersberger Landratsamt hat online 19 private Energieberater aus der Region aufgelistet. Darunter findet sich kaum einer, der eine Erstberatung für weniger als 150 Euro anbietet. Gerade deshalb stellt sich die Frage, warum nicht mehr Menschen das kostenlose kommunale Angebot in Anspruch nehmen.

In Sachen Energiewende wird viel von Stromerzeugung und -verbrauch geredet, dabei entfallen auf Elektrizität nur rund 20 Prozent des Energiebedarfs. Viel mehr, gut die Hälfte der benötigten Energie, frisst das Heizen. Trotz dieser Erkenntnis liegt die jährliche Sanierungsquote bei Gebäuden bundesweit bei nur rund einem Prozent. Und das, obwohl der Staat die Energie-Sanierung von Gebäuden mit Zuschüssen fördert. Und modernste Technik ein Leben ohne zugekaufte Energie ermöglicht: Die Zukunft des Bauens sehen Experten im Plusenergiehaus, bei dem ein Gebäude Mithilfe von Photovoltaik-Platten und Solarthermie sogar mehr Energie erzeugt, als es verbraucht.

Auch, wenn es besser laufen könnte: Im Landkreis gibt es bereits viele Häuslebauer, die bei der Schaffung des Eigenheims auf energieeffizientes Bauen setzen, oder ihr Gebäude durch Sanierung energieeffizienter machen. Eine davon ist Familie Podehl aus Glonn. Seit der Sanierung erfüllt das Haus der Podehls die Kriterien für ein KfW-Effizienzhaus 55. Diese höchste Stufe der energetischen Sanierung bezuschusst der Staat mit bis zu 15 000 Euro pro Wohneinheit.

"Vor der Sanierung pfiff der Wind durch die Fenster" berichtet Martin Podehl. Nun muss die Familie die Fenster theoretisch gar nicht mehr öffnen. Für frische Luft sorgt ein vollautomatisches Belüftungssystem. Die Lüftungsanlage läuft mit Wärmerückgewinnung und hat so einen Wirkungsgrad von 95 Prozent. Seit dem die Podehls ihr Haus saniert haben, verbrauchen sie nur zehn Prozent der ursprünglichen Heizenergie.

© SZ vom 04.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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