Mietpreise im Landkreis Ebersberg:Günstige Lage, teurer Baugrund

In Kirchseeon sind die Preise für Immobilien mit bis zu 25 Prozent innerhalb eines Jahres landkreisweit am meisten gestiegen. Das hat mehrere Gründe.

Von Sandra Langmann, Kirchseeon

Wer sich in Kirchseeon ein neues Heim zulegen möchte, der muss tief in die Tasche greifen. Das Marktforschungsinstitut des Immobilienverbands Deutschland (IVD) hat mehrere Gemeinden im Landkreis Ebersberg untersucht und festgestellt, dass die Preise für Häuser und Grundstücke zwischen Herbst 2015 und Herbst 2016 deutlich gestiegen sind. Spitzenreiter unter den Gemeinden ist aber nicht etwa Vaterstetten, das auch gerne mal als Grünwald des Ostens bezeichnet wird. Am teuersten ist es in Kirchseeon geworden. Um 25 Prozent sind die Preise hier gestiegen.

Neubaugebiet Eglharting

Obwohl die Preise für das Eigenheim in der Gemeinde in nur einem Jahr um 25 Prozent gestiegen sind, wird im Eglhartinger Neubaugebiet ein Haus nach dem anderen errichtet.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ein Quadratmeter Bauland für ein Einfamilienhaus kostet in Kirchseeon in guter Lage 680 Euro, in sehr guter Lage 780 Euro. Im Vorjahr bezahlte man für den Quadratmeter Bauland noch 605 beziehungsweise 695 Euro. Auch was den bestehenden Wohnraum betrifft, sind die Kosten angestiegen. Während 2015 ein Einfamilienhaus für 399 000 und 735 000 Euro zu haben war, zahlt man dafür heute 450 000 bis 850 000 Euro. Eine Erhöhung, die für das Münchner Umland nichts Ungewöhnliches sei, sagt der Leiter des IVD-Süd Stephan Kippes. Der überproportionale Anstieg rühre daher, dass die Wohnungsproduktion zu niedrig sei, der Siedlungsdruck aber wachse. "Die niedrige Bautätigkeit holt uns ein", so Kippes.

Neubaugebiet Eglharting

Mit dem begehrten Neubaugebiet in Eglharting kommt der Kirchseeoner Ortsteil ganz groß raus.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Laut IVD-Statistik ist Kirchseeon vor allem bei jungen Familien und Pendlern beliebt. Die S-Bahnlinie führt im 20-Minuten-Takt nach München - zum Berufsverkehr morgens und abends fährt die S-Bahn alle zehn Minuten. Über die Wasserburger Landstraße (B 304) beträgt die Entfernung zur Stadtmitte zirka 25 Kilometer und über die Ostumgehung der Autobahn A 99 sind alle Münchner Stadtteile, der Flughafen München, das Messezentrum in Riem und die Autobahnen Salzburg, Nürnberg und Stattgart zu erreichen.

Mietpreisbremse

Die Mietpreisbremse soll garantieren, dass insbesondere in begehrten Wohnlagen feststellbare Mietpreissprünge von 20, 30 oder mehr Prozent nicht erlaubt sind. Ziel ist es, dass sich Normalverdiener auch in Zukunft Wohnraum etwa in Ballungsräumen wie München leisten können.

Im Frühjahr 2015 wurde im Bundestag das "Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten" beschlossen. Diese regelt, dass Wohnungen bei Neuvermietung nur zum Preis der ortsüblichen Vergleichsmiete plus zehn Prozent vermietet werden dürfen. Laut Statistischem Landesamt zählen Anzing, Ebersberg, Egmating, Emmering, Forstinning, Frauenneuharting, Glonn, Grafin, Hohenlinden, Kirchseeon, Markt Schwaben, Moosach, Poing, Vaterstetten und Zorneding zu den angespannten Wohnungsmärkten. Damit die Mietpreisbremse aber in den genannten Gemeinden greifen könnte, bräuchte es einen Mietspiegel. Aus Kostengründen gibt es im Landkreis bislang aber keinen. sala

Auch das Gymnasium, das vor einigen Jahren in Kirchseeon gebaut wurde, könnte seinen Teil dazu beitragen, spekuliert Bürgermeister Udo Ockel (CSU). Wirklich erklären kann sich der Rathauschef die erhöhten Immobilienpreise aber nicht, denn die Gemeinde wachse organisch mit einem Prozent im Jahr. Durch die Asylbewerber habe es zwar einen Sprung bei der Einwohnerzahl gegeben, aber dabei handle es sich um eine außerordentliche Situation, so Ockel.

Abstreiten will Ockel aber keineswegs, dass es eine erhöhte Nachfrage für ein zu niedriges Angebot gibt. Kurzum: In Kirchseeon gibt es zu wenig freie Grundstücke, die zum Bauen infrage kommen. Die noch vorhandenen Flächen gehörten Bauern, die diese als Äcker oder Wiesen landwirtschaftlich nutzten. Keiner würde seinen Grund verkaufen wollen, so Udo Ockel.

Der Grundstückwert steigt unterdessen stetig weiter an und der Bau eines Einfamilienhauses in Kirchseeon wird immer teurer, das weiß auch der Bürgermeister. Einzugreifen sei für die Gemeinde allerdings schwierig. Darüber hinaus dürfe aber auch nicht vergessen werden, dass der Bodenpreis im Vergleich zu Poing und Ebersberg immer günstiger gewesen ist.

Wachstum um zehn Prozent

Stephan Kippes vom IVD-Süd geht davon aus, dass die Bevölkerung im Münchner Umland bis 2030 um weitere zehn Prozent wachsen werde. Probleme gebe es, weil der Markt nicht im Gleichgewicht sei, die Nachfrage also größer als das Angebot ist. Kippes hat allerdings verschiedene Lösungsansätze, um einen Ausgleich vorzunehmen. Die Mietpreisbremse, die in Kirchseeon aufgrund eines fehlenden Mietspiegels nicht greift, sei der falsche Weg.

"Dabei handelt es sich um ein bürokratisches Mangelverwaltungsinstrument, das Investoren abschreckt", ist der Chef des Immobilienverbandes Süd überzeugt. Am einfachsten wäre es, Flächen nachzuverdichten. Damit sei nicht gemeint, dass nun alles mit Hochhäusern "vollgestopft" werden müsste, sondern Kippes spricht davon, Gewerbeflächen für den Wohnungsbau zu nützen. Diese Flächen könnten zu Bauplätzen aufgewertet werden, worauf Wohnungen entstehen könnten.

Ein weiterer Vorschlag stammt aus der Vergangenheit. Vor 50 Jahren sei es noch üblich gewesen, dass Firmen Mitarbeiterwohnungen zur Verfügung stellten. Wenn Betriebe als Investoren fungierten und ihren Mitarbeitern wieder Wohnungen bereit stellten, würde das zur Problemlösung beitragen, schlägt Kippes vor.

Der Ausbau von Genossenschaftswohnungen sei ein weiterer wichtiger Punkt, dem auch Kirchseeons Bürgermeister offen gegenüber steht. Im Mai soll mit einem sozialen Wohnungsbauprojekt begonnen werden, das Platz für zwölf bis 15 Wohneinheiten bietet. Drei weitere Gebäude mit jeweils 32 bis 60 Wohneinheiten sind in Planung, so der Bürgermeister, der keinen Zweifel daran lässt, etwas unternehmen zu wollen.

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