Kirchseeon:Die Halle des Löwen

Spenderlöwe - Gymnasium Kirchseeon

Schülerinnen der 9. Klasse am Gymnasium Kirchseeon gestalten als Projektarbeit einen von einer Baldhamer Kieferorthopädischen Praxis gestifteten Löwen

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bei einem Kunstprojekt des Kirchseeoner Gymnasiums wird ein Rohling des Königs der Tiere kunterbunt angemalt. Bis Mitte Oktober ist er im Foyer der Schule zu sehen, dann steht er bei einem Zahnarzt

Von Rita Baedeker, Kirchseeon

Löwen sind hierzulande eher selten anzutreffen, wenn man von notorischen Partygängern und den steinernen Statuen absieht, die - meist mit dem Rautenwappen in der erhobenen Pranke - auf schmiedeeisernen Gartentüren hocken und vom Adel oder wenigstens der noblen Gesinnung ihrer Besitzer künden.

Doch seit einiger Zeit treibt es das Wappentier der Bayern ziemlich bunt: Als Kunstobjekte bevölkern die Großkatzen seit der Münchner Löwenparade im Jahr 2005 öffentliche Plätze, sogar auf Balkonen fühlen sie sich offenbar wohl. Und schaut man sich die Projekttage am Gymnasium Kirchseeon kurz vor den großen Ferien in diesem Jahr an, dann hat man den Eindruck, der König der Tiere ist unter die Popstars gegangen: Socken und Schwanz sind so bunt gestreift wie bei Pippi Langstrumpf, die Nase glänzt violett, und auch sonst ist der Herr der Savanne so farbenfroh bemalt, als komme er direkt aus der Villa Kunterbunt. Nun, in der Savanne kann er sich in diesem Aufzug nicht blicken lassen, auch vor Residenz oder Königsschloss wäre er fehl am Platz; und nur die Bundesländer Hessen und Thüringen dulden einen bunten Löwen im Wappen.

Angeschafft und bezahlt wurde der Löwen-Rohling von einem Arzt für Kieferorthopädie in Baldham. Dieser, so berichtet Kunstlehrerin und Projektleiterin Stefanie Haschler, sei von sich aus an die Schule herangetreten mit dem Angebot, einen Löwen zu stiften. "Er fragte uns, ob die Schüler Freude daran hätten, das Tier zu bemalen. Wir fanden die Idee toll und schlugen die Aktion als Thema für unsere Projekttage vor", sagt Haschler. Mehrere Schülerinnen aus der 9. Klasse haben sich gemeldet. "Und für den Arzt ist der Löwe wohl so etwas wie ein Eyecatcher vor seiner Praxis."

Aber noch steht er in voller Größe und majestätischer Schönheit im Eingangsbereich der Schule, wo er sich, wie es bei Löwenmännern so Sitte ist, ausgiebig bewundern lässt. Dort bleibt er bis Mitte Oktober. Dann wird er "ausgewildert", und zwar zur Praxis des Kieferorthopäden. Dort wird Leo dann all jenen Patienten eine Portion Löwenmut vermitteln, die mit Furcht und Grausen dem Einsatz der Brackets oder etwas ähnlich Schrecklichem entgegensehen und lieber einer leibhaftigen Raubkatze begegnen würden als einem Weißkittel mit Injektionsspritze, Handmeißel oder wie die Folterinstrumente sonst alle heißen. Bald wird er dort ebenso bekannt sein wie der sprichwörtliche bunte Hund.

Allein die Anschaffung des Löwen habe den Stifter 2000 Euro gekostet, wie Stefanie Haschler erklärt. Hinzu kamen hochwertige Farben, die sich die Schule nie hätte leisten können. Das Angebot, so Haschler, habe begeisterten Zuspruch bei den Schülerinnen gefunden. "Das Tier wurde mit einem Gabelstapler angeliefert, den Schülerinnen gefiel, dass das Tier Lebensgröße hatte." Klar, wo haben die sonst schon mal Gelegenheit, einen Löwen zu bemalen, der nicht brüllt und ihnen nicht an die Gurgel geht?

Ebenso gut kam das zweite Kunstprojekt, "Green Life", bei den Schülern an. Für ein Graffitiprojekt hatte die Gemeinde Kirchseeon ein abbruchreifes Haus an der B 304 zur Verfügung gestellt. Nun überwuchert Grün aus der Dose das leer stehende Gebäude. "Aktionen wie diese tragen dazu bei, dass die nicht unbedeutende Rolle, die Kirchseeon als ehemaliger Hot Spot der deutschen und internationalen Graffitiszene spielte, auch für heutige Schülergenerationen als ein Stück Jugendkultur erfahrbar ist und eine immerhin schon 25-jährige Historie ihre Fortsetzung findet", sagt Stefanie Haschler. Gemeint ist das Werk von Rafael Gerlach, der sich auf dem Iveco-Gelände verewigte und unter dem Künstlernamen SatOne international berühmt wurde.

Bald wird es das alte Gemäuer nicht mehr geben. Das Haus an der B 304 soll noch in diesem Jahr abgerissen werden. Das Graffiti ist dann ebenfalls Geschichte. Doch mit den Projekten wurde ein wichtiges Ziel erreicht. "Beide Angebote machen die Schule farbig, spannend und abwechslungsreich", sagt Stefanie Haschler.

Dies gilt auch für das nächste Projekt, auf das sich laut Haschler schon die gesamte Schule freut. Graffitikünstler Rafael Gerlach wird im Oktober die acht mal acht Meter große Akustikwand gestalten. "Gratis", wie Haschler sagt. "Wir könnten uns sonst so etwas gar nicht leisten." Schon seit einiger Zeit laufen die Vorbereitungen für die Aktion. "Der Landrat war sehr angetan", erzählt die Pädagogin, "aber es war sehr schwierig, die baurechtliche Genehmigung dafür zu bekommen, denn es handelt sich bei der zu gestaltenden Fläche um eine Dämmwand mit Löchern. Wir mussten richtig kämpfen."

"Wir sind all jenen externen Partnern dankbar, die unsere Projekte von außen unterstützen", sagt Stefanie Haschler. "Wir sind als Schule auf solche Hilfe angewiesen."

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