Kinder, Tiere, Sensationen:Rap unterm Regenbogen

Noah und die Sintflut - Musikschule Vat.

Einer der dramaturgischen Höhepunkte des Vaterstettener Kindermusicals ist der Einmarsch der Tiere quer durch den Saal.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Schüler und Lehrer der Musikschule Vaterstetten zeigen das Kindermusical "Noah und die Sintflut". Die Aufführung begeistert mit eingängigen Melodien, moderner Sprache und viel Drive

Von Anja Blum, Vaterstetten

Ein Konzert in Konkurrenz zum übermächtigen Fußball? Undenkbar, ein Himmelfahrtskommando! - würde jeder Veranstalter sagen. Doch auch hier gibt es eine Ausnahme: Stehen Kinder auf der Bühne, rückt sogar eine WM in den Hintergrund, denn dann schlagen die Herzen aller Familienmitglieder höher, dann wollen sie dabei sein, wenn der Nachwuchs seine ersten Schritte im Rampenlicht macht. Der beste Beweis: das diesjährige Kindermusical der Musikschule Vaterstetten im Bürgerhaus Neukeferloh - auch wenn der Himmel hierin durchaus eine Rolle spielte.

Auf dem Programm stand diesmal nämlich eine im wahrsten Sinne alttestamentarische Geschichte: "Noah und die Sintflut", ein Stück des Frankfurter Kirchenmusikers Karl-Peter Chilla. Darin wird nicht nur die allseits bekannte Erzählung in Wort, Ton und Spiel geschildert, sondern auch eine Art literaturwissenschaftlich-theologische Metaebene aufgespannt: Drei Erzengel bereichern die Aufführung um Erläuterungen und Kommentare, die zum Nachdenken anregen.

So berichten sie, dass die Sage von der Sintflut und der Rettung einzelner Menschen mitnichten der Bibel vorbehalten sei, sondern sich im Gedankengut vieler Religionen und Kulturen finde, von der Antike über die Kelten bis hin zu den Eskimos. Allerdings zeigten die diversen Quellen zahlreiche Unterschiede, im Koran etwa gebe es einen ungläubigen Sohn, der ebenfalls ertrinken müsse. Außerdem greifen die Engel Fragen auf, die wohl so manchem Kind durch den Kopf gehen, zum Beispiel, wie viele Tiere wohl genau auf der Arche waren und ob deren Zahl nicht die Grenzen des Möglichen sprenge? "Das ist eine Sage, die die Menschen etwas lehren soll - realistische Erklärungen sind hier nicht nötig", lautet die Antwort der Kommentatoren. Und sogar noch tiefer steigen die drei Geistwesen ein in die Exegese: "Wie kann Gott, der Unfehlbare und Allwissende, überhaupt etwas bereuen", in diesem Fall seine Schöpfung "Mensch"? Die Antwort auf diese Frage muss jedoch jeder selbst finden, die Engel berichten in ihrem Crashkurs "Religion" nur, dass 80 Prozent der Weltbevölkerung an eine übernatürliche Macht glaubten - obwohl es keinen einzigen Beweis für die Existenz einer solchen gebe. All dies wertet die Geschichte um Noah freilich intellektuell auf, ob aber die vielen Kinder im Publikum mit diesen Exkursen etwas anfangen konnten, darf bezweifelt werden.

Das Musical als solches indes ließ keine Wünsche offen: Das Stück erzählt die Geschichte in beschwingten, eingängigen Melodien und moderner Sprache. Noah ist hier nicht nur ein frommer Mann, sondern auch "ein cooler Typ", die Ungläubigen wollen lieber "Feten - statt beten". Die jungen Stimmen der Musikschule begeisterten mit viel Drive und bester Artikulation, alleine, dass die Kinder den umfangreichen Text pannenfrei meisterten, verdient größten Respekt. Vor allem der schnelle Sprechgesang unterm Regenbogen, an dem die Sängerinnen und Sänger sichtlich Spaß hatten, ließ so manchen Zuhörer staunen. Bestens begleitet wurde der Chor von der Musicalband der Musikschule, bestehend aus Chorleiter Matthias Gerstner am Klavier, Johannes Bruck am Schlagzeug, Uli Wiedemann am Saxofon und Daniela Gerstner an der Querflöte.

Dramaturgische Höhepunkte gab es gleich zwei: Wunderschön anzusehen war der bunte Einmarsch der Tiere quer durch den Saal. Da gab es Ohren aller Art zu sehen, Geweihe und Federn, die alle von der Liebe kündeten, die die vielen Helfer nicht nur in die Kostüme gesteckt hatten. Kein Wunder also, dass die Reihen der Zuschauer in diesem Moment einem leuchtenden Meer aus kleinen Bildschirmen glichen. Alles andere als fröhlich, vielmehr bedrohlich kam kurz darauf der zweite Höhepunkt daher: Blitze in der Finsternis, dunkle Wolken aus Pappe und spannungsgeladene Musik begleiten die dramatische Schilderung der Sintflut durch die zwei jungen Erzählerinnen, die dem Text die nötige Würde verliehen: "Alles fand den Tod".

Doch dabei blieb es freilich nicht, auch diese Version der Arche Noah geht gut aus. Das Beste aber ist, dass Aufführungen wie diese das Miteinander einer Musikschulfamilie auf wunderbare Weise fördern und erlebbar machen. Wird nicht nur im stillen Kämmerchen geübt, sondern zusammen musiziert, hat sogar der Fußballgott einmal das Nachsehen.

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