Jubiläum:Ewige Sommernacht

Die Band "Schariwari" aus Kirchseeon, ehemals Vorreiter in Sachen bayerischer Folk-Rock, feiert ihr 40-jähriges Bestehen mit zwei Konzerten im Alten Kino in Ebersberg

Von Franca Wittenbrink, Ebersberg

"Hier muss es rauskommen", sagt Günther Lohmeier und klopft sich mit beiden Händen auf die Körpermitte, "Musik mit Leidenschaft kommt aus dem Bauch!" An einem lauen Herbstnachmittag sitzt der Sänger und Gitarrist mit einem doppelten Espresso Macchiato im Ebersberger Klosterbauhof und lässt sich die späte Sonne ins Gesicht scheinen. Behutsam tätschelt er den Hals seiner Gitarre, die er neben sich abgestellt hat. "Ganze 23 Jahre begleitet sie mich jetzt schon", sagt er und denkt kurz nach. "Über die Hälfte der Zeit war die Gute also mit dabei."

40 Jahre sind vergangen, seitdem Günther Lohmeier im Jahr 1977 gemeinsam mit Hans Reupold die Band Schariwari gründete - ohne zu ahnen freilich, dass sie einmal als "Vorreiter des bayerischen Folkrock" gelten würden. Kurze Zeit später wurde das Duo mit Franz Meier-Dini zum Trio, 1980 kamen zwei weitere Bandmitglieder hinzu. Immer wieder gab es kleinere Neuformatierungen, die aktuelle Besetzung besteht aus Günther Lohmeier (Gitarre und Gesang), Franz Meier-Dini (Bass und Gesang), Stevie Moises (Schlagzeug und Percussion) sowie Rudi Baumann (Gitarre und Gesang), der den erkrankten Hans Reupold vertritt.

Schariwari

Die beiden Kirchseeoner Günther Lohmeier und Hans Reupold gründeten vor 40 Jahren die Band "Schariwari".

(Foto: OH)

Auch Lohmeiers jüngerer Bruder Wolfgang, der sich mittlerweile ebenfalls an den Tisch im Klosterbauhof gesetzt hat, stand für einige Jahre mit auf der Bühne. Im Jahr 2000 trat er aus der Band aus, um sich anderen Aufgaben zu widmen, bei größeren Projekten ist Wolfi, wie ihn alle nennen, aber stets mit dabei. So auch jetzt, denn pünktlich zum 40. Geburtstag der Band wollen Schariwari nach vier Jahren Pause zurück an die Instrumente. Am Donnerstag und Freitag spielen sie im Alten Kino in Ebersberg zwei Jubiläumskonzerte: Gemeinsam mit diversen Kollegen, Ehemaligen und dem Publikum wollen die Musiker die vergangenen Jahre Revue passieren lassen. Bereits nach vier Wochen war der erste Termin ausverkauft, kurzerhand schob man einen zweiten hinterher. "Das macht die Freude natürlich umso größer", sagt Günther Lohmeier, und seine Augen strahlen. "Die Leute haben anscheinend immer noch Lust auf unsere Musik!"

Ein großer Teil der Zuschauer bestehe aus Freunden und Familie, erzählt der Bandleader, aber auch sonst kenne man die Gesichter im Publikum mit den Jahren schon ganz gut. "Viele sind von Anfang an dabei gewesen, wir werden quasi gemeinsam alt." Vor allem mit den Liedern der ersten Platte - "Sommernacht", "Die Kirchseeoner Frösche" oder "Drachen" - identifizierten sich die Fans, wirft Bruder Wolfgang ein, aber das sei ja auch klar: "Das sind halt die bekannten Geschichten, den Kurvenwirt in Kirchseeon zum Beispiel, den kennt jeder!"

Schariwari Jubiläum 40 Jahre

Die heutige Besetzung von "Schariwari": Lohmeier, Franz Meier-Dini, Stevie Moises und Rudi Baumann.

(Foto: Veranstalter/OH)

In Kirchseeon nämlich fing damals alles an. Günther Lohmeier spielte mit seinem Freund Hans Reupold in einer Schülerband - eigene Songs bereits, damals aber noch auf Englisch. "Irgendwann sind wir dann mal einen saufen gegangen", erzählt Lohmeier grinsend, "und plötzlich stand da Willy Michl mit der Akustikgitarre und seinem bayerischen Blues auf der Bühne. Dieses Erlebnis hat uns auf den Weg gebracht." Kurzerhand beschlossen die beiden jungen Männer, ihre Texte ins Bairische zu transferieren und eine neue Band zu gründen: Schariwari. Die ersten Auftritte auf regionaler Ebene ließen nicht lange auf sich warten, auch in München, und schon bald, 1979, spielte das Trio auf dem "International Folkfestival" in Erlangen.

Der zweite, vielleicht dritte Song an diesem Abend war damals "Sommernacht", erzählt Günther Lohmeier - und da kam diese eine Zeile: "Himmel tu dich auf, schieb deine Wolken davon". Während er spricht, lässt Lohmeier die Hände langsam auseinandergleiten, malt das Bild in die Luft: "Plötzlich war es tatsächlich so: Der Himmel tat sich auf! Dieser Song zusammen mit dem Naturereignis - das war Schicksal." Für die Band sei ab diesem Moment klar gewesen: "Wir müssen ins Studio!"

Karlsfeld

"Schariwari" feierte mit ihrem Dialekt-Folk-Rock und dem Mystical "Bayerische Rauhnacht" große Erfolge.

(Foto: DAH)

Heraus kam kurze Zeit später die erste Langspielplatte, zahlreiche weitere folgten, 1996 feierte Schariwari außerdem mit dem Mystical "Bayerische Rauhnacht" Premiere. Zehn Jahre lang wurde das mit dem deutschen Rock- und Pop-Preis ausgezeichnete Bühnenstück immer wieder aufgeführt, dann wurde den Musikern der Aufwand zu groß: "Das war auf Dauer einfach nicht machbar", erklärt Lohmeier, "die Produktion hat wahnsinnig viel Zeit gefressen. Nur leben konnten wir davon natürlich nicht. Schön war's aber trotzdem - und ein bisschen verrückt!"

"A bisserl g'spinnert" seien sie ohnehin immer gewesen, erinnern sich die Brüder: "Wir hatten halt unsere eigenen Ideen." Eine davon entstand zum Beispiel, als die beiden sich vor einem größeren Auftritt in den Kopf gesetzt hatten, das Plattencover für den Bühnenhintergrund auf eine 60-Quadratmeter-Leinwand zu malen. "Die haben wir dann aus sämtlichen Bettlaken von Verwandten und Freunden zusammengenäht, die wir davor schon stückchenweise bepinselt hatten", erzählt Wolfgang Lohmeier amüsiert, "so richtig quadratisch war es am Ende aber natürlich nicht." Ein anderes Mal hätten sie eine ganze Tanne gefällt und im Christbaumständer ihres Onkels auf die Bühne gestellt: "Wir wollten eben Natur - keine Kabel und Boxen." Die Liebe zur Natur, eine tiefe Heimatverbundenheit, aber auch sozialkritische Anklänge sind schließlich die Markenzeichen von Schariwari.

Günther Lohmeier wohnt mittlerweile in Edling und arbeitet bei einem Dienstleistungsbetrieb, Wolfgang Lohmeier, der auch hauptberuflich im musikalischen Bereich arbeitet, lebt bei Wasserburg - "bei schönem Wetter das bayerische Venedig", wie er sagt. Bei ihren Eltern in Kirchseeon sind die Brüder noch immer oft zu Besuch, meist mit den eigenen Kindern. Und auch mit Ebersberg verbinden die beiden viele Erinnerungen: "Hier im Klosterbauhof fanden früher die Mutproben statt", erzählt Wolfgang Lohmeier und lässt den Blick über den belebten Platz schweifen. "Da sah das alles noch anders aus. Bei Nacht ganz schön spooky!"

Was sich Schariwari für ihren Jubiläumsauftritt im Alten Kino einfallen haben lassen, bleibt offen. Wolfgang Lohmeier verrät nur so viel: "Einen genialen Anfang hab ich schon im Kopf!

Jubiläumskonzert von "Schariwari" am Donnerstag und Freitag, 23./24. November, im Alten Kino Ebersberg. Beide Veranstaltungen sind ausverkauft, die Abendkasse gibt nur Tickets weiter, die zurückgegeben wurden. Beginn ist um 20.30 Uhr.

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