Jubiläum:Einmalige Herzensangelegenheit

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Seit 20 Jahren gibt es in Ebersberg den Gartenhof. In der Tagesstätte der Sozialpsychiatrischen Dienste können psychisch kranke Menschen ihre Fähigkeiten ohne Leistungsdruck erproben. Das Jubiläum feiern Klienten, Mitarbeiter und Gäste mit einem heiteren Sommerfest

Von Marc Dimitriu, Ebersberg

Seit Jahren habe er sich erstmals wieder als Mensch gefühlt. Für Claudia Hörmannnsdorfer gehört diese Aussage mit Gänsehautfaktor zum schönsten Erlebnis, seitdem sie im Ebersberger Gartenhof arbeitet. Gesagt hatte das einer ihrer Klienten, nachdem er bei einer Marktveranstaltung an einem Stand der Einrichtung mitgeholfen hatte. Hörmannsdorfer kümmert sich als Teamleiterin der Tagesstätte, die von den Sozialpsychiatrischen Diensten (SPDi) betrieben wird, um Menschen wie diesen Mann, die aufgrund einer psychischen Erkrankung in der Leistungsgesellschaft nicht mehr mithalten konnten. Im Gartenhof können sie ihre Fähigkeiten ohne Druck ausprobieren. Am Mittwoch feierte die Einrichtung ihr 20-jähriges Bestehen mit einem Sommerfest.

Ein perfekter Tag im Schatten der großen Tanne. Die Gäste erschienen zahlreich, unter ihnen auch Bürgermeister Walter Brilmayer und Landrat Robert Niedergesäß. Mitten im weitläufigen Garten wurde ein Zelt aufgestellt, das Schutz vor der Sonne bot für alle, die keinen Platz mehr unter der Tanne ergattern konnten. Die Besucher, die meisten von ihnen Klienten des Gartenhofs, unterhielten sich in heiterer Stimmung. Über allem lag der Geruch von gegrilltem Fleisch. Ein ganzes Schwein wurde vom Küchenteam vorbereitet.

Die Gartenhof-Klienten versorgen ihre Jubiläums-Gäste bei schönstem Wetter kulinarisch am Buffet und am Grill. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Tagesstätte bietet 35 Plätze, die sich mehr als 100 Klienten im Monat teilen. Claudia Hörmannnsdorfer arbeitet hier mit sieben Mitarbeitern und etlichen Ehrenamtlichen. Ihre Klienten können in der Küche, der Caféteria und im Garten arbeiten oder in den vielen Gruppenangeboten ihre kreative Seite ausleben. "Einige kommen nur vorübergehend für ein bis zwei Wochen, aber viele sind schon seit Anfang an mit dabei. Es ist nicht immer lustig hier. Oft ist es traurig und schwierig. Aber meistens sind die Menschen über unsere Hilfe froh", berichtet Hörmannsdorfer.

Alle Angebote im Gartenhof sind kostenlos und freiwillig. Bevor die Klienten das erste Mal kommen, klären die Mitarbeiter, in welchen Bereichen sie Unterstützung brauchen. Danach können sich die Männer und Frauen ihre Zeit im Gartenhof frei einteilen. In seiner Begrüßungsrede dankte SPDi-Gesamtleiter Georg Knufmann den Besuchern und Ehrengästen für ihr Kommen. "Dieses Projekt ist eine Herzensangelegenheit von mir. Wir haben hier etwas Einmaliges geschaffen", erzählte er. Das Gebäude und der Garten seien einfach ideal. "Ich bedanke mich bei unserem Vermieter, dass wir seit 20 Jahren hier sein können und auch noch länger bleiben dürfen." Knufmann wies stolz darauf hin, dass der Gartenhof sogar aus dem Weltall zu sehen ist. Die große Tanne, die an diesem Nachmittag den Gästen Schatten spendete, könne man auf Google Earth erkennen.

Landrat Robert Niedergesäß lobt die Arbeit der Einrichtung, die von den Sozialpsychiatrischen Diensten betrieben wird und für dessen Leiter Georg Knufmann (Mitte) und Gartenhof-Teamleiterin Claudia Hörmannsdorfer eine Herzensangelenheit ist. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Landrat Niedergesäß überbrachte die Glückwünsche des Landkreises an die Verantwortlichen: "Der Gartenhof ist etwas ganz besonderes. Als ich vor vier Jahren Landrat wurde, besuchte ich alle sozialen Einrichtungen im Landkreis und dieser Garten, das Haus und die Menschen sind mir besonders in Erinnerung geblieben." Er sei stolz, dass es so was im Landkreis gebe. "Die Tanne hier symbolisiert, für was die Einrichtung steht. Sie schützt vor Wind und Regen und hat starke Wurzeln. Doch wir müssen schauen, dass sie weiter wächst." Da der Landkreis die Einrichtung finanziell fördert, versprach Niedergesäß als Geburtstagsgeschenk einen Jubiläumszuschuss.

Nach dem offiziellen Teil unterhielten Thomas Kling und Florian Inkhofer das Publikum musikalisch. Sie hatten extra für das Fest ein Lied über "Das alte Haus im großen Garten" geschrieben, das sie gemeinsam vorführten. Zuvor wurde der Text an die Besucher verteilt, damit alle mitsingen konnten, was diese gerne annahmen. Das anschließende Buffet hatten Gartenhof-Klienten selber bestückt, auch am Grill versorgten sie ihre Gäste. Doch das war nicht alles, was an diesem Tag geboten wurde. Die einzelnen Gruppen der Tagesstätte hatten im Garten verteilt Stände aufgebaut, an denen sie ihre Arbeiten präsentierten, mit denen sie sich in der Einrichtung beschäftigen. Es gab eine Ausstellung der Frauengruppe mit kleinen Bildern, einen Stand der Yogagruppe, selbst gedruckte Weihnachtskarten und kleine Kunstwerke aus Keramik, Filz und andere Stoffen.

Das idyllische Haus ist ein wichtiger Treffpunkt für viele Menschen geworden. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Mit internationalen Folk- und Rocksongs sorgte Götz Hünnemeier für die musikalische Untermalung des Festes. Auf die Frage, was sein schönstes Erlebnis in den 20 Jahren seit dem Bestehen des Gartenhofs sei, antwortete Georg Knufmann: "Tatsächlich der heutige Tag. Da steckt so viel Arbeit drin, aber wir alle zusammen, die Mitarbeiter, unseren Klienten und die Nachbarn haben das toll hingekriegt", lobte der Gartenhof-Chef das Jubiläumsfest. Und weiter: "Das ist es was für mich soziale Psychotherapie ausmacht."

© SZ vom 06.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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