Jazz:Vertonte Philosophie

Rick Hollander Quartett Jazz

Virtuos: Saxofonist Brian Levy und Drummer Rick Hollander.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Quartett von Rick Hollander erfreut im Alten Kino Ebersberg

Von Claus Regnault, Ebersberg

Musik hat wie der Mensch zwei Seiten: Kopf und Bauch. Letzteren hat kürzlich der fabelhafte Jesse Davis in Grafing bedient, der Abend mit dem Quartett von Rick Hollander in Ebersberg war nun vorwiegend kopfbestimmt. Sein Saxofonist Brian Levy ist nicht nur technisch virtuos, sondern auch zweifacher Doktor, darunter der Philosophie. Der groß gewachsene, dunkelhaarige Mann schien denn in seinen Improvisationen fortwährend in einem Philosophiegespräch gefangen, manchmal nachdenklich stockend, wie nach einem Argument suchend, dann wieder in ein lebhaft fließendes Statement übergehend. Dabei schien er mit sich selbst wie mit einem Dialogpartner zu sprechen, wobei physisches Merkmal war, dass er während seines Spiels regelmäßig das Standbein wechselte. Fraglos ein Jazzer von hoher Könnerschaft.

Begleitet wurde Levy am Bass von Will Woodard, der engagiert und intonationssicher eher die melodische Linie verfolgte. Als zeitweise Gegenstimme erwies sich der junge, dem Publikum schon von früheren Auftritten bekannte Paul Brändle an der Gitarre, dessen Solospiel eher zurückhaltend, nach dem richtigen Klang suchend, Beruhigung in das aufgeregte Geschehen brachte. Der Absolvent der Hochschule für Musik erwies sich dabei als vielversprechendes Talent mit eigener Persönlichkeit.

Hollander, der Chef, auch hierzulande durch mehrere Auftritte geschätzter Drummer, spielt ein fortwährend in Bewegung befindliches, vielstimmiges Schlagzeug. Sein Solo in dem aus dem Vier-Viertel- in den Dreiviertel-Takt umarrangierten "Joy Spring" von Clifford Brown war eine atemberaubende Demonstration der Vielfalt von Klang- und Akzentmöglichkeiten des reich instrumentierten Schlagwerks. Es bot verschieden anklingende Becken über dem Fundament der Charleston-Maschine und dem zupackenden Klang der Tomtoms. Hollander hat zu dem Konzert auch einige Themen beigesteuert, darunter das berührende "Atonement" ( Vergebung). Sentimentstarke Musik, deren Texte er jeweils gefühlvoll vor dem Spiel rezitierte. Aber das Programm enthielt auch Standards, so das "The best is yet to come" zu Beginn oder "Blame it on my youth", Erholung in melodischer Vertrautheit.

Das Publikum im Ebersberger Alten Kino zeigte sich den nicht geringen Anforderungen dieser Musik zunehmend gewachsen und beifallsfreudig. Und die Zugabe war, wie konnte es anders sein, der Titel von Brian Levy "The world as will". Hier nimmt der Saxofonist Bezug auf Schopenhauers "Die Welt als Wille und Vorstellung", eine faszinierende Demonstration, dass sich auch Philosophie vertonen lässt. Hier war das Ensemble, an allen Pulten begeisternd, zu einer gemeinsamen "Vorlesung" vereinigt.

"The Rick Hollander Quartet" ist am Donnerstag, 22. Februar, in der Wasserburger Schranne, Marienplatz 2, zu erleben. Los geht's um 20 Uhr, der Eintritt kostet 15 Euro. Einlass ist von 19 Uhr an.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: