Integration:Finanzieren statt lamentieren

Das Jobcenter hat zu wenig Geld für die berufliche Integration von Flüchtlingen. Nun springt der Landkreis mit einem Darlehen ein - in der Hoffnung, damit langfristig zu sparen

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Große Worte, wenig Geld: Für die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt bekommt das Ebersberger Jobcenter viel zu wenig Mittel vom Bund. Nur 60 Menschen, deren Asylanträge anerkannt wurden, können durch spezielle Maßnahmen besser für den Arbeitsmarkt gerüstet werden - an die 240 weitere hingegen gehen leer aus. Nun greift der Landkreis ein: Er stellt dem Jobcenter ein Darlehen in Höhe von 100 000 Euro zur Verfügung. Dadurch können immerhin bis zu 40 weitere Flüchtlinge gefördert werden. Die Idee, die bisher ohne Vorbild in Bayern ist, stammt von Brigitte Keller, der Finanzmanagerin des Landkreises. Sie sagt nur ein Wort, wenn man sie nach der Motivation fragt: "Sparen!"

Denn obwohl der Kreis keinen Cent Zinsen für das Darlehen kassiert und sich das Jobcenter bei der Rückzahlung viel Zeit lassen darf - die Laufzeit von fünf Jahren kann problemlos verlängert werden - geht die Finanzexpertin im Landratsamt davon aus, dass sich das Experiment rechnen wird. "Je früher die Menschen beruflich integriert werden, umso mehr Geld spart der Landkreis bei den Kosten für die Unterkunft", sagt sie. Denn der Landkreis ist zwar nicht für die Finanzierung der Hartz-IV-Leistungen an sich zuständig, muss aber Wohnung und Nebenkosten der Betroffenen zahlen. Inwieweit das auch für anerkannte Flüchtlinge gilt, ist zwar derzeit unklar, da der Bund signalisiert hat, die Kosten für drei Jahre übernehmen zu wollen - ob die Ausgaben des Landkreises aber tatsächlich zu 100 Prozent gedeckt werden, ist nach neuesten Äußerungen aus Berlin doch wieder zweifelhaft. Da kann es sich also durchaus lohnen, dass der Landkreis Geld für eine freiwillige Leistung ausgibt, für die er "total unzuständig" ist, wie Keller offen erklärt. Allerdings finanziert der Kreis auch schon seit vielen Jahren die so genannte "Hilfe zur Arbeit" mit, die ebenfalls zum Ziel hat, dass Menschen ihren Lebensunterhalt wieder selbst finanzieren können - und sich laut Keller ebenfalls eindeutig für den Landkreis rentiert.

Auch die Trägerversammlung des Jobcenters, in der Fachleute des Landkreises und der Agentur für Arbeit vertreten sind, hat am Montag einstimmig dem ungewöhnlichen Darlehen zugestimmt. "Ich bin sehr froh, denn ich denke, dass uns das wirklich weiterhilft", sagt Hermann Schmidbartl, der Geschäftsführer des Jobcenters. Weil sich ein positives Votum bereits länger abgezeichnet hat, hat er bereits vorgearbeitet - die erste Qualifizierungsmaßnahme für 17 bis 20 Teilnehmer kann schon im August beginnen. Eine zweite Maßnahme startet dann voraussichtlich im November. Die Qualifizierung ist in mehrere Module aufgegliedert: Die Teilnehmer lernen zunächst berufsbezogenes Deutsch für den Dienstleistungsbereich, beispielsweise für das Hotel- und Gaststättengewerbe. Berufspraktische Weiterbildungsmaßnahmen und ein Betriebspraktikum schließen sich an. Das Institut für Personaltraining und Beratung, das auch über Schulungsräume im Gebäude des Jobcenters verfügt, wird sich um die Weiterbildung der Migranten kümmern. Sollte nach den zwei Maßnahmen noch Geld übrig sein, will Schmidbartl noch einzelne Flüchtlinge fördern, die nicht in einem der Kurse Platz gefunden haben.

Eigentlich hätte es mit der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt ohnehin ganz anders laufen sollen, wenn es nach Schmidbartl gegangen wäre: Bereits vor einem Jahr hatte er ein Konzept vorgelegt, wie man die neuen Landkreisbürger möglichst früh beraten und fördern könnte. Doch die vom Bund zur Verfügung gestellten Eingliederungsmittel reichten dafür nicht annähernd - auch Landrat Robert Niedergesäß (CSU) hat sich deshalb bereits bei Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) beschwert. Schmidbartl hofft jedenfalls, dass im nächsten Jahr die Mittel deutlich aufgestockt werden. Sollten die Zuweisungen eines Tages so hoch ausfallen, dass sogar etwas übrig bleibt, kann sich das Jobcenter dann an die Rückzahlung des Darlehens machen.

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