Inszenierung des Theatervereins:Dieser "Wunschpunsch" macht Lust auf mehr

Michael Endes Klassiker wird in Markt Schwaben heiß serviert und mit Freude genossen

Von Ulrich Pfaffenberger, Markt Schwaben

Kompliment an den Theaterverein Markt Schwaben und sein Ensemble in mitreißender Spiellaune: Es war eine gute Wahl, kurz vor Weihnachten den Klassiker "Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch" auf die Bühne zu bringen. Die Mischung aus Märchen und Comic, aus Heiterem und Nachdenklichem, aus Situationskomik und Wortkunst entfaltete bei der Premiere am Freitagabend in der Halle am Burgerfeld eine mitreißende Wirkung. Erwachsene wie Kinder ließen sich gleichermaßen von der Geschichte gefangen nehmen, in der zwei gewissenlose Zauberer ihr Heil im Bösen suchen und durch die beherzte Gegenwehr zweier Tiere sowie die magische Wirkung des unaussprechlichen Getränks genau das Gegenteil schaffen.

Zwei Tiere, Rabe und Kater, das sind Andrea Kopietz und Ferdinand Mauer: Die eine das ebenso flatternde wie gescheite Federvieh "Jakob Krakel" mit dem Überblick aus der Vogelperspektive, der andere der gemütliche Fellträger "Maurizio di Mauro", überflüssigen Aufwand scheuend, aber im entscheidenden Moment über sich hinauswachsend. Ein Satz wie "Die Rollen waren ihnen auf den Leib geschrieben" griffe hier zu kurz. Da haben sich zwei in ihre Spielfiguren verliebt und geben ihnen mit soviel Können und Leidenschaft Gestalt, dass es eine wahre Freude ist - egal, zu welcher Altersgruppe man zählt, wie die fröhlichen Reaktionen der Kinder und das aufmerksame Mitgehen der Größeren im Saal zeigen. Ihre Darstellung im Grenzbereich zwischen Komik und Schauspielerei ist große Kunst. Wobei Kopietz nicht nur wegen der agileren Rolle und der genialen Kostüm-Idee von Gummihandschuhen die größere Präsenz zeigt, sondern weil sie sich ihre Rolle vollständig zu eigen macht: Sie ist Jakob Krakel.

Andreas Müller und Gabi Kaperndl als durchtrieben gieriges Duo des bösen Zauberns agieren ebenfalls auf hohem schauspielerischen Niveau. Es gibt da diese Schlüsselszene, in der sie sich, angefüllt mit den satanarchäolügenialkohöllische Ingredienzen des Wunschpunschs in einen Rausch des Zerstörens hineinsteigern und beim Darstellern zweier von Vernichtungswillen besoffener Manipulateure zu großer Form auflaufen. Mit nichts lässt sich auf der Bühne besser beweisen, ob man sein Handwerk versteht, als mit der glaubwürdigen Darstellung von Betrunkenheit. An diesem Abend verdienen sich beide ihren Meisterbrief, gerade weil es ja gilt, das Erzählmotiv verständlich zu erhalten: Bis zum ersten Schlag der Neujahrsglocke verwandelt der Punsch jeden guten Wunsch in sein schieres, zerstörerisches Gegenteil. Weil Rabe und Kater dies mit Hilfe eines winzigen Klangs aber ins Gegenteil verkehren können, den ihnen der Heilige Silvester (bodenständig, glaubwürdig: Franz Hermannsgabner) anvertraut hat, agieren die Bösewichte im Glauben, dass ihre Schandtaten gelingen, ohne die Wirkung zu sehen. So scheitern sie in ihrem Versuch, in letzter Minute ihren Deal mit der Hölle, vertreten vom gefühllosen Kleinbürokraten Maledicus Made (staubtrocken: Rainer Bigalke) zu erfüllen. Großartig gespielt!

Zu einem sehr gelungenen Bühnenbild und einer hervorragenden Maske verdienen sich das Ensemble des Theatervereins und die kluge Regie von Sabine Bogenrieder an diesem Abend größte Anerkennung für ihre Kunst. Sie hauchen dem Bühnenstück "Wunschpunsch" so viel Kraft und Ausstrahlung ein, dass es trotz inhaltlicher Verdichtung auf Augenhöhe mit dem ursprünglichen Werk angelangt, das Michael Ende als Roman angelegt hatte. Das zeitlose Thema vom gewissenlosen, allein dem persönlichen Profit unterworfenen Umgang mit Mensch und Natur wird glasklar erkennbar und in seiner zeitlosen Aktualität vor Augen geführt - ohne dass jemand den pädagogischen Zaunpfahl herumprügeln müsste. Noch erfreulicher: Die Theaterszene in Markt Schwaben zeigt sich höchst lebendig und vermittelt den Eindruck, dass die zeitweise Emanzipation von den dominierenden Weiherspielen neue Wege öffnet und neue Kräfte freisetzt. Die unermüdliche Aufbauarbeit über viele Jahre hinweg im "Jungen Theater" macht sich in einem anregenden Angebot mit hoher darstellerischer Qualität bemerkbar, wie schon frühere Inszenierungen in diesem Jahr zeigten. Der "Wunschpunsch", wie er noch am 15., 16. und 23. Dezember jeweils um 19 Uhr serviert wird, hätte auch an einer Profibühne nicht besser schmecken können. Zwei unterhaltsame Stunden mit Witz, Geist und Tiefgang haben den begeisterten Premierenapplaus genauso verdient wie die weiteren Aufführungen ein hoffentlich ausverkauftes Haus.

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