Wasserburger Museum:Als das Klo noch auf der Straße war

Die Reinlichkeit betreffend!
Vom früheren Umgang mit der Hygiene
Museum Wasserburg

Rund um das Thema Hygiene dreht sich alles in der Themenausstellung im Museum Wasserburg.

(Foto: Veranstalter/oh)

Eine neue Ausstellung in Wasserburg zeigt die Wiederentdeckung der Reinlichkeit im 19. Jahrhundert. Es wird deutlich: Früher lebten hier wahre Saubären.

Von Theresa Parstorfer, Wasserburg

Die Damenunterwäsche hängt an einer hölzernen Spindel. Schön anzusehen seien die feinen Satinkleidchen und spitzenbesetzten Leinenhöschen ja durchaus, findet Wasserburgs Bürgermeister Michael Kölbl, anziehen würde er sie persönlich aber nicht wollen.

Herzliches Gelächter erntet er für diesen Witz bei der Eröffnung der Ausstellung zum Thema Hygiene im Wasserburger Heimathaus. Der kleine, an den Innenhof des Museums anschließende Raum ist gut gefüllt, und erneut beweist das Team um Leiterin Sonja Fehler, wie spannend ein Blick in die Vergangenheit sein kann - selbst wenn es um alltägliche Dinge wie Sauberkeit geht.

Die Ausstellung zeigt, dass Reinlichkeitsmaßnahmen, die heute als selbstverständlich gelten - das Tragen von Unterwäsche etwa oder eine Toilette, die sowohl Tür als auch Schloss aufweist - gar nicht selbstverständlich, sondern Entwicklungen zu verdanken sind, die erst vor ungefähr 200 Jahren begonnen haben. "Die Entdeckung des Privaten im Bürgertum", nennt Fehler diese Veränderungen. Während es vor dem 19. Jahrhundert durchaus normal und gar nicht anrüchig war, sein Geschäft auf offener Straße zu verrichten, wurde der Nachtopf nach und nach in die Abgeschiedenheit des Abortes verbannt.

Sicherlich ist der menschliche Hang zur Sauberkeit älter als das 19. Jahrhundert, man denke an die Römer und ihre berühmten Thermen und Bäder, doch das Wissen um die Wichtigkeit von Körperpflege sei im Mittelalter in Vergessenheit geraten, so Fehler. Vor allem die Renaissance war entgegen augenscheinlichem Prunk und Pomp besonders finster, was Hygiene anbelangt.

Sie ahnten nicht, dass es krank macht, wenn man auf die Straße kackt

"Heutiges Make-up ist nur eine Ahnung dessen, was Ludwig XIV. verwendet haben soll", weiß Kölbl zu berichten. Der berühmte Schönheitsfleck sei in erster Linie entstanden, um Pickel oder gar Abszesse im Gesicht zu verdecken. Was außerdem in den voluminösen Perücken der Könige und Königinnen des 16. und 17. Jahrhunderts abgesehen von menschlichen Köpfen noch zu finden gewesen sei, möchte man sich gar nicht vorstellen.

Die Reinlichkeit betreffend!
Vom früheren Umgang mit der Hygiene
Museum Wasserburg

Nostalgie, aber auch viele interessante Informationen bietet die neue Ausstellung über den früheren Umgang mit Hygiene im Museum Wasserburg.

(Foto: Veranstalter)

Gut verständliche Texte auf Stellwänden, die zu einem Rundgang arrangiert wurden, erklären die weitreichenden politischen wie gesellschaftlichen Dimensionen von Hygiene. Mediziner und Wissenschaftler hegten schon um 1800 den Verdacht, dass die Verbreitung von Krankheiten mit dem Zustand des öffentlichen Raums zusammenhing. Sie ahnten dass der menschliche und tierische Kot, der auf den Straßen vor sich hin dampfte, sowie das Fehlen einer ordentlichen Kanalisation dafür verantwortlich sein könnten, dass Cholera, Milzbrand und Co. immer wieder hunderte von Menschenleben forderten.

Krude Theorien über kleine Tierchen als Überträger konnten allerdings erst 1867 von Robert Koch widerlegt werden. Ihm gelang es, den Milzbranderreger außerhalb eines Organismus zu züchten und damit zu erklären, wie ansteckende Krankheiten sich tatsächlich verbreiteten. Für die Entwicklungen, die damit ihren Anfang nahmen, ist Wasserburg ein gutes Beispiel: 1886 begann die Stadtverwaltung mit der Planung einer Kanalisation, die bis heute die Grundlage der Wasserversorgung bildet. Die damals gebauten Rohre seien standhafter als diejenigen, die in den 1950er Jahren hinzukamen, sagt Kölbl und die Besucher staunen.

Eine gehörige Portion Nostalgie verbreiten die von Wasserburgern zusammengetragenen und liebevoll arrangierten Waschutensilien aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Einige ältere Herrschaften seufzen hörbar, als Fehler von Waschmitteldosen von Henkel und Persil spricht, und die drei Messingtassen mit der Aufschrift "Seife" (zum Waschen), "Soda" (zur Erhärtung) und "Sand" (zum Scheuern) kennt noch so mancher aus der Küche der Mutter oder der Großmutter.

Bei allem Schwelgen in Erinnerungen betont Kölbl jedoch, dass er "in keiner anderen Zeit als der heutigen leben wollen würde". Denn wie die Beschreibung eines Waschtags um 1920 vermuten lässt, war der Weg zu sauberer Kleidung vor noch nicht allzu langer Zeit beschwerliche körperliche Arbeit. Das eindrucksvolle Originalexemplar einer Miele-Waschmaschine von 1910 war jedenfalls noch weit entfernt vom einfachen Knopfdruck heutiger Apparaturen: Die massive Holztrommel musste von Hand gedreht werden, damit die Seidenhöschen und Kleidchen auch tatsächlich sauber wurden.

"Die Reinlichkeit betreffend. Vom früheren Umgang mit Hygiene": Die Ausstellung im Museum Wasserburg ist bis zum 1. Juli jeweils dienstags bis sonntags von 13 bis 16 und ab Mai bis 17 Uhr geöffnet. Erwachsene zahlen 2,50 Euro Eintritt, Jugendliche bis 16 Jahre 1 Euro, für Kinder bis sechs Jahre gilt freier Eintritt.

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