Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Mit Wasser gegen den Borkenkäfer

Höhenkirchen-Siegertsbrunn: 22 000 Festmeter vom Käfer befallene Stämme sind bereits in dem Nasslager angeliefert worden.

22 000 Festmeter vom Käfer befallene Stämme sind bereits in dem Nasslager angeliefert worden.

(Foto: Claus Schunk)

Befallene Stämme zu beregnen soll die Ausbreitung verhindern

Von Bernhard Lohr, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Die Bayerischen Staatsforsten testen eine neue Methode im Kampf gegen den Borkenkäfer: Seit einigen Wochen steuern schwer beladene Lkw einen Nasslagerplatz im Höhenkirchener Forst an, auf dem vom Schädling befallene Baumstämme deponiert und dauerberegnet werden. Damit geht die Hoffnung einher, über die Larven des Käfers hinaus auch die Käfer selbst bekämpfen und abtöten zu können. Der Vorstandsvorsitzende des Forstbetriebs, Martin Neumeyer, sprach am Montag bei einem Pressetermin an der für bis zu 55 000 Festmeter Holz ausgelegten Lagerfläche von einem bisher einzigartigen Versuch.

Schon nach drei Wochen bietet sich auf der freien Fläche südlich der Staatsstraße 2079 zwischen Putzbrunn und Harthausen ein beeindruckendes Bild. Auf der wegen einer darüber verlaufenden Hochspannungsleitung freigehaltenen Fläche türmen sich in mehreren Reihen auf mehr als 100 Metern zehn Meter hoch die Stämme. Laufend fahren Lastwagen auf extra angelegte Kieswegen an und entladen. Dass währenddessen ein Arbeiter dabei ist, mit einer Planierraupe die Zufahrt zu befestigen, hat mit der Besonderheit des Lagerplatzes zu tun. Denn entlang der aufgetürmten Stämme verlaufen Wasserrohre, alle paar Meter schießen Fontänen in die Höhe, als würde Dauerregen herrschen. Manchmal könnte man einen "Bergepanzer" brauchen, sagt der Leiter des Forstamts München, Wilhelm Seerieder. Es seien schon Lkw stecken geblieben.

Angesichts des großen Aufwands erwarten sich die Staatsforsten von dem Projekt einen ziemlich großen Nutzen: Die Hoffnung ist, einen Teufelskreis aufbrechen zu können, in den Forstwirte in Folge von starken Stürmen wie erst jüngst zu erleben, immer wieder geraten. Ein prägendes Erlebnis war der Orkan Niklas im März 2015, durch den laut Forstamt 350 000 Festmeter Bruchholz entstanden. Für den Borkenkäfer bot das beste Bedingungen sich auszubreiten, zumal 2016 ein trockener Sommer folgte. Bis heute ist man dabei, den daraus entstandenen Schädlingsbefall im Münchner Raum zu bekämpfen. In Ostbayern kam durch den jüngsten Sturm wieder neues Bruchholz dazu.

Der Vorstandschef der Staatsforsten, Martin Neumeyer, sieht den Klimawandel als eine Ursache und glaubt, mit insgesamt sechs neu eingerichteten Nasslagern in Südbayern eine Antwort darauf gefunden zu haben. Bestenfalls könne so sogar der Käfer selbst abgetötet werden, sagt er. Bei den Larven werde das sicher gelingen. Ob Käfer selbst bekämpft werden könnten, soll nun erforscht werden.

Abgesehen von dem Maximalziel, dem Käfer Herr zu werden, haben Forstwirte wie Neumeyer und Seerieder jetzt ein Mittel zur Hand, den Waldschutz zu optimieren, die Stämme vor einem weiteren Wertverlust zu schützen und vor allem dank der die besseren Lagerung das Holz vom Markt zu nehmen, wenn es ohnehin kaum einen Wert hat; wie eben nach verheerenden Stürmen. Der Leiter des Münchner Forstamts sieht mit Zufriedenheit, dass täglich 1000 Festmeter Käferholz aus den Wäldern herausgeholt und auf den Nasslagerplatz gebracht werden, der für die Wälder im Umkreis von gut 20 Kilometern angelegt wurde. Innerhalb von drei Wochen habe sich das Lager auf 22 000 Festmeter angefüllt, so Seerieder. Auch Christoph Baudisch, Leiter des Forstamts Schliersee, schätzt den Lagerplatz. Er ist für den Hofoldinger Forst zuständig - sein "Sorgenkind", was den Borkenkäfer angeht, wie er sagt.

Solange die Lkw anfahren, läuft die Beregnungsanlage erst am Abend bis in die Morgenstunden hinein, um das Abladen nicht zu erschweren und die Lkw nicht im Morast versinken zu lassen. 30 Liter Wasser pro Sekunde ergießen sich derzeit über dem Holzlager und lassen in den Fontänen, wenn die Sonne abends noch scheint, schöne Regenbögen entstehen. Später soll die Beregnungsanlage durchgehend laufen und im Winter laut Seerieder so lange, bis sich eine Eisschicht über die Stämme gelegt hat. Das Wasser fördert eine kräftige Pumpe direkt aus dem Untergrund. Bis zu 90 Liter pro Sekunde können dort, unweit eines Wasserschutzgebiets im Forst, entnommen werden. Das Wasserwirtschaftsamt habe alles streng geprüft. Es gebe keine Bedenken, sagte Neumeyer.

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