"ALKOHOL® ist ohne ärztliche Verschreibung erhältlich", heißt es in der Packungsbeilage der Notfallbox. "Eine Überdosis führt leicht zu sozial auffälligem Verhalten", liest man weiter. Die Notfallbox ist eines der jugendgerechten kleinen Geschenke, mit denen "Hart am Limit" (Halt) für verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol wirbt.
"Halt" ist ein Projekt der Fachambulanz für Suchterkrankungen in Grafing und bereits seit fünf Jahren ein fester Bestandteil der Alkoholprävention für Jugendliche im Landkreis. Geholfen werden soll den Betroffenen dabei auf zwei Ebenen: Zum Einen wenden sich Mitarbeiter des Projekts direkt an Jugendliche, die mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus liegen. Nach einem Gespräch wird dem Jugendlichen - und auch dessen Eltern - umfassende freiwillige und kostenfreie Beratung und Hilfe angeboten. Außerdem veranstalten die "Halt"-Mitarbeiter regelmäßig Aktionen, in deren Rahmen mit Flyern, Aufsätzen und kleinen Geschenken die Öffentlichkeit zu einen maßvollen Alkoholkonsum aufgefordert wird.
Die Notfallbox ist eines der Lockmittel, die auf Volks- und Weinfesten kostenlos angeboten werden. Neben einem Bonbon und einem Kondom steckten in der hosentaschengroßen Box Informationsbroschüren über die Folgen von Alkoholkonsum, außerdem noch wichtige Notfallnummern und Kontaktadressen. Auch die Fahrzeiten des Nachtexpresses finden sich darin. "Gerade bei Volksfesten steigt die Anzahl der Jugendlichen, die sich über ihre Grenzen hinaus betrinken", sagt die Suchtpräventionsfachkraft Julia Beckmann. Aus diesem Grund sei "Halt" bei allen großen Veranstaltungen im Landkreis zugegen. Etwa 15 bis 30 Fälle von Alkoholvergiftungen in der Kreisklinik in Ebersberg würden den "Halt"-Mitarbeitern jährlich gemeldet.
Die Geschenke - wie beispielsweise die Notfallbox - dienen dabei einem doppelten Zweck: sie sollen konkret informieren, aber auch die Neugierde auf mehr schüren. "Über Traktate oder unsere Giveaways kommen wir immer gut mit den Leuten ins Gespräch", sagt "Halt"-Mitarbeiterin Magdalena Schierl. Vor allem hoffe sie, dass durch den persönlichen Kontakt mit den Jugendlichen die Hemmschwelle gesenkt werde, in Notfällen Hilfe zu suchen. "Die nötigen Nummern haben die Jugendlichen, sie sollen nicht zögern, uns zu kontaktieren", sagt Schierl. Leider geschehe das häufig erst, wenn es bereits zum Äußersten gekommen sei. Davor warnt auch das neuste Geschenkprojekt. "Lass deine Träume nicht zerplatzen" steht auf den Packungen der Seifenblasendosen, die an Jugendliche verteilt werden.
"Halt" ist ursprünglich ein Bundesmodellprojekt und erst seit 2008 an der Fachambulanz für Suchterkrankungen in Grafing gebunden. Bayernweit gibt es etwa 45 Standorte, darüber hinaus ist "Halt" in der gesamten Bundesrepublik vertreten. Die Besonderheit des Projekts, so Beckmann, sei die Tatsache, dass es nicht nur den einzelnen Jugendlichen, sondern auch die kommunalen Strukturen im Blick habe. Eines der Ziele des Projektes sei die Vernetzung verschiedener Institutionen, um anschließend den Jugendlichen effizient und zielgerichtet helfen zu können. Eine Kooperation mit verschiedenen Vereinen, Festveranstaltern und Gemeinden bestehe bereits. Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Arbeit sei die Sensibilisierung der erwachsenen Bevölkerung für das Thema Alkohol. Gerade bei Jugendlichen sei es besonders wichtig, die Eltern konkret in die Hilfe mit einzubeziehen. Denn nur gemeinsam könne man effektiv gegen den zunehmenden Alkoholmissbrauch von Jugendlichen vorgehen.