Gutachten zum Brucker Windrad liegt vor:Noch ein seltener Vogel

Gutachter beobachtet in der Nähe der geplanten Anlage neben dem Baumfalken auch den Rotmilan. Nun müssen die Naturschutzbehörden abwägen, ob das Vorhaben dennoch genehmigt werden kann

Barbara Mooser

Seltene Vogelarten scheinen sich rund um Bruck wohl zu fühlen: Dass der Baumfalke sich unweit vom geplanten Standort des Windrads im Ortsteil Hamberg eingenistet hat, ist bereits seit einigen Monaten bekannt. Nun haben Gutachter auch noch den Rotmilan, eine ebenfalls sehr gefährdete Vogelart, und den Wespenbussard in der Umgebung gesichtet. Vertreter der Naturschutzbehörden haben jetzt die Aufgabe, die Erkenntnisse aus dem gerade vorgelegten Gutachten fachlich einzuordnen. Erst dann kann entschieden werden, ob Baumfalke, Rotmilan und Co. möglicherweise das Aus für das Projekt bedeuten. Bei dem Brucker Windrad würde es sich um die erste große Anlage im Landkreis handeln.

An sich hatten die fünf Landwirte, die die Betreibergesellschaft mit dem Namen "Windenergie Osterkling Verwaltungsgesellschaft GmbH" gegründet haben, gehofft, dass sie ihr Vorhaben, das etwa vier Millionen Euro kosten wird, bereits im Jahr 2012 realisieren könnten. Und es lief auch zunächst alles recht gut für sie: Im April 2012 billigte der Gemeinderat - wenn auch mit einer denkbar knappen Mehrheit - das Vorhaben. In einem speziellen artenschutzrechtlichen Gutachten, das die Antragsteller pflichtgemäß mit den Unterlagen eingereicht hatten, äußerte ein anerkannter Ornithologe auch keine Bedenken. Doch ein Jagdpächter wies dann darauf hin, dass in dem Areal Baumfalken leben - für das Landratsamt Anlass, ein weiteres Gutachten in Auftrag zu geben. Das liegt nun vor, und es zeigt nicht nur, dass tatsächlich Baumfalken in einiger Entfernung zum geplanten Standort brüten. Auch der Rotmilan fliegt offenbar regelmäßig über das Areal, wo nach dem Willen der Betreiber bald die Rotoren des Windrads kreisen sollen. Und der Rotmilan gilt als einer, der Umwege um Windräder offenbar nicht gern auf sich nehmen will oder die Gefahr nicht erkennt - jedenfalls ist er stärker als andere Greifvögel gefährdet, in einer derartigen Anlage zu verunglücken. "Hohe Kollisionsanfälligkeit" nennen die Gutachter das.

Somit könnte nun der Rotmilan das K.o.-Kriterium für die Anlage werden. Denn nach Einschätzung des Gutachters könnte man das Windrad trotz der Baumfalken unter Umständen genehmigen - während er solche Ausnahmevoraussetzungen beim Rotmilan nicht sieht. Die Vogelschützer im Landkreis, die das Gutachten bereits erhalten haben, ziehen deshalb schon jetzt ihr Fazit: "Damit ist das Hamberger Windrad wohl gestorben", stellt Rainer Förderreuther, stellvertretender Vorsitzender in der Kreisgruppe Ebersberg des Landesbunds für Vogelschutz, fest.

Doch die fachliche Bewertung liegt nun zunächst bei anderen: der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt sowie der Oberen Naturschutzbehörde in der Regierung von Oberbayern. Beide hat Franz Neudecker, der zuständige Fachmann im Sachgebiet Immissionsschutz des Landratsamts, nun im Zuge des Verfahrens um eine Stellungnahme gebeten. Erst wenn diese vorliegt, und das wird frühestens Mitte Dezember der Fall sein, kann er unter Abwägung aller Fakten über die Genehmigung des Windrads entscheiden.

Die Betreiber jedenfalls geben die Hoffnung nicht auf. Denn sie legen das Gutachten anders aus als die Vogelschützer: "Es ist gar nicht so schlecht für uns", sagt Hans Zäuner, Sprecher der "Windenergie Osterkling". Er weist darauf hin, dass der Gutachter ausschließt, dass der Rotmilan in der Nähe des Standorts brütet. Dies lasse vermuten, dass der seltene Vogel allenfalls gelegentlich auf Nahrungssuche in der Gegend auftauche. Er und seine Mitstreiter hätten trotz der langen Verzögerungen nicht ans Aufgeben gedacht oder die Lust verloren, sagt Zäuner. Weiter seien alle bereit, das Projekt durchzuziehen und ihren Beitrag zur Energiewende zu leisten.

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