Großalarm:Ölpest im Keller

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Ein Unwetter hat am Dienstagabend Teile Geltings geflutet und zahlreiche Häuser mit Schlamm und Dreck überschwemmt. Mancherorts fielen bis zu 95 Liter Regen pro Quadratmeter

Von Barbara Mooser, Pliening

Der durchdringende Ölgestank kratzt schon in der Nase, bevor man den Eingang überhaupt erreicht hat. "Es ist keine Villa, nur ein Haus. Doch wir sind zufrieden und das macht es aus", steht in Schreibschrift auf einem Holzschild, das neben der Treppe lehnt. Doch an diesem Mittwochmorgen ist Rosi Huber nicht zufrieden, sie ist erschöpft, genervt und ratlos: Ein gewaltiger Regenguss am Vorabend hat den Keller ihres kleinen Häuschens Am Tanzfleckl in Gelting überflutet, den halb leeren Öltank in die Höhe gehoben, das zähe Öl überall verteilt und aus dem, was mal ein ordentlicher Lagerraum war, ein übel riechendes Chaos gemacht.

150 Helfer aus drei Landkreisen waren im Einsatz

Die 49-Jährige, die in dem kleinen Häuschen mit ihren zwei Töchtern lebt, hat es am schlimmsten getroffen bei der Überschwemmung in Gelting. Doch auch viele ihrer Nachbarn hatten die Keller voller Wasser, an die 30 Einsätze gab es für die Feuerwehr, wie der Geltinger Kommandant Hubert Bichler berichtet. Etwa 150 Helfer aus drei Landkreisen waren im Einsatz, Bichler selbst ist um drei Uhr morgens ins Bett, um nicht einmal drei Stunden später wieder aufzustehen - wichtige Termine im Büro. Immerhin kommt so ein Einsatz wie am Dienstagabend und in der Nacht zum Mittwoch nicht allzu oft vor, Bichler erinnert sich an drei oder vier ähnliche Ereignisse in den vergangenen 20 Jahren.

In die Häuser floss das Wasser auf unterschiedlichen Wegen: Wenn es an der Oberfläche nicht abfließen konnte, gelangte es etwa über Kellerfenster oder Lichtschächte in die Gebäude. In manchen Häusern drückte das Grundwasser über die Mauern herein. Und wo die Rückstauklappen nicht stabil genug waren, quoll das Dreckwasser aus dem Kanal in die Duschen oder Toiletten - und darüber hinaus.

Sogar am höchsten Punkt des Dorfes lief ein Keller voll

Zwar ziehen häufig Unwetter über das Dorf, doch am Dienstagabend blieb es, wie die Bewohner berichten, einfach über Gelting stehen. 95 Liter pro Quadratmeter kamen laut Bichler herunter. Wer im Auto unterwegs war, musste anhalten, weil man nichts mehr sehen konnte. Von allen Seiten strömte das Wasser in die Senke, bald war die Markt Schwabener Straße nur noch ein schlammiger Bach.

So viel Wasser prasselte so heftig herunter, dass sogar eine Lage ganz oben am Hang nicht schützte. Bei seiner Oma, die am höchsten Punkt von Gelting wohne, sei der Keller vollgelaufen, erzählt Ludwig Huber vom Zehmerhof, das gab es in den 25 Jahren, seit das Haus steht, noch nie. Im Hof selbst schwappte das Wasser zwar durch und ließ allerhand Schlamm zurück, "aber es ist nichts kaputt", sagt Huber. Ein bisschen Ärger, ein bisschen Arbeit, das war es auch schon.

Ganz so einfach ist es bei Andrea Huber nicht, die ihren Friseursalon im Keller eines Hauses Am Tanzfleckl betreibt. Kniehoch stand das Wasser in den Räumen; doch eine, die viel jammert, ist die 26-Jährige anscheinend nicht. Am Mittwochmorgen hat sie schon alles, was nicht mehr zu gebrauchen ist, in die Garage geräumt und mit dem Hochdruckreiniger den schlimmsten Dreck beseitigt. "Es hilft ja nichts", sagt sie, andere habe es noch schlimmer getroffen. Wann sie ihren Salon wieder öffnen kann, weiß sie aber noch nicht.

Die Hühner durften in der Badewanne übernachten

Bei ihrer Nachbarin Rosi Huber ist noch viel mehr unklar - beispielsweise, ob sie und ihre Töchter noch in dem Haus wohnen bleiben können. Und natürlich die Hühnerbande samt Gockel "Franz von Hahn", die hat sie am Dienstagabend auch noch aus dem Wasser gerettet, sie durften in der Badewanne übernachten. Ein bisschen kann Rosi Huber schon wieder lachen, als sie das erzählt. Kurioserweise hat sie den Heizöltank ihres Vormieters im Keller selbst nie genutzt, ihr ist der Holzofen lieber, einen Unterschied macht das freilich jetzt auch nicht mehr.

Um das ausgelaufene Öl hat sich laut Bürgermeister Roland Frick bereits am Dienstagabend die Feuerwehr Pliening gekümmert, die über einen sogenannten Ölwehranhänger verfügt. Die Brühe wurde abgepumpt und in Behälter abgefüllt, erläutert Frick, die Gefahr, dass das Grundwasser verunreinigt werde, bestehe seiner Kenntnis nach nicht. Schon während des Unwetters hat sich Frick ein Bild von der Lage in Gelting gemacht, am Dienstag war er mit Fachleuten vom Wasserwirtschaftsamt nochmals dort unterwegs.

Der Moränenhügel ist das Problem

Es sei dabei auch darum gegangen, ob die Gemeinde - neben ohnehin seit langem geplanten Maßnahmen wie die Verlegung leistungsstärkerer Rohre - noch mehr machen könnte, um solche Situationen zu vermeiden, sagt Frick. Er teilt aber die Einschätzung des Feuerwehrkommandanten, dass man wohl nicht für jedes Ereignis gerüstet sein kann: "Mit dem Moränenhügel werden wir wohl immer ein Problem haben. Das Wasser läuft nun mal nach unten, wir können es nicht ändern." Mit Erleichterung hat Frick registriert, dass frühere Problempunkte wie der Heckenacker diesmal unbehelligt blieben. Angesichts der unglaublich heftigen Regenfälle habe man wohl ohnehin noch "Glück im Unglück" gehabt, sagt der Bürgermeister. Bei allem Ärger - über eines hat sich Frick gefreut: die gute Zusammenarbeit der Plieninger Feuerwehren mit denen der Nachbargemeinden: "Das war toll, mit anzusehen, wie die zusammenhelfen."

Immerhin mussten die Feuerwehrkräfte nicht von einem Ort zum nächsten eilen, um Unwetterschäden zu beseitigen: Wie Kreisbrandrat Andreas Heiß erklärt, blieb der Rest des Landkreises unbehelligt, "da hatten die Leute einen friedlichen Abend".

© SZ vom 14.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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