Grafinger Wertstoffhof:Keine Kameras beim Müll

Grafing verzichtet vorerst auf Videoüberwachung

Von Thorsten Rienth

Grafinger Wertstoffhof: Eine Wertstoffinsel in Grafing - am Hans-Eham-Platz

Eine Wertstoffinsel in Grafing - am Hans-Eham-Platz

(Foto: EBE)

Es sieht hässlich aus, es stinkt höllisch und der Lärm bringt die Nachbarn um den Schlaf: Kaum eine Bürgerfragestunde im Grafinger Stadtrat, in der die Besucher nicht mit Worten wie diesen die Situation an den Grafinger Wertstoffinseln beschreiben. Ein neuerlicher Vorstoß für eine Videoüberwachung der Annahmestellen hat in der Sitzung des Grafinger Bauausschusses am Dienstag keine Mehrheit gefunden. Die Stadträte machten aber ziemlich deutlich, dass ihnen langsam der sprichwörtliche Geduldsfaden reißt.

Bei Heinrich Hölzle, Dritter Bürgermeister und Stadtrat der Freien Wähler, war dies eigentlich bereits der Fall. "An der Vazaninistraße fliegen Sonntagmittag die Flaschen in die Container und nach einem oder zwei Tagen schaut's da aus, dass es der Sau graust! Das ist unzumutbar!" Wenn es nach ihm gehen würde: "Im Prinzip ist der Punkt erreicht, an dem man den Weg mit der Videoüberwachung gehen muss." Bestätigt fühlte sich Hölzle von einer Auskunft aus der Nachbarstadt Ebersberg. Dort hatte sich die Grafinger Verwaltung über die Erfahrungen mit der in der Kreisstadt seit einiger Zeit laufenden mobilen Videoüberwachung informiert. Bei dieser Art der Überwachung sind Kameras nicht fest installiert. Stattdessen beobachtet ein privates Detektivbüro die Wertstoffannahmestellen aus einiger Entfernung und nach dem Zufallsprinzip. Rund 350 Verfahren würden der Grafinger Verwaltung zufolge auf dieser Basis jährlich wegen sogenannter Falschentsorgung eröffnet. Dies, obwohl die Sammelstellen nur auf illegale Ablagerungen, nicht aber auf Überschreitung der Benutzungszeit kontrolliert werden. "Die vorsätzlichen Sperrmüllablagerungen sowie die Falschentsorgungen in Ebersberg sind aufgrund dieser Maßnahmen deutlich zurückgegangen", hieß es zusammengefasst in der Beschlussvorlage.

Allerdings gibt es diesen Effekt nicht umsonst. Die jährlichen Kosten für das mobile Überwachungsunternehmen belaufen sich in Ebersberg laut Stadtverwaltung auf 32 000 Euro. Hinzu kommen noch etwa 18 000 Euro für den Aufwand der Verwaltungskraft. Etwa ein Drittel der Summe, nämlich 16 000 Euro, fließen der Aufstellung zufolge durch eingenommene Buß- und Verwarnungsgelder wieder zurück. 16 000 Euro Strafen - "das ist doch ein Erziehungsfaktor", warb Hölzle dafür, ein ähnliches Modell in Grafing zu starten.

Solch drastischen Mitteln wollten aber nicht alle seiner Bauausschusskollegen zustimmen. "Ich finde, wir müssten erstmal mehr Werbung machen und die Leute für die Probleme an den Inseln zu sensibilisieren", entgegnete der parteilose Michael Hirschläger. "Die Detektive werden außerdem aus den Müllgebühren bezahlt, dann würde eine Minderheit die Mehrheit belasten." Auch Josef Fritz (CSU) hatte Bedenken. "Aufklärung ist jetzt erstmal noch gescheiter als Strafen." Zumal, wie etwa Heinz Fröhlich (Bündnis für Grafing) anmerkte, "die Sache nicht mehr ganz so schlimm ist wie noch vor einem Jahr".

Hirschlägers Sorge teilten die Stadträte insofern, als dass sie die geschätzten gut 30 000 Euro, die die Überwachung netto kosten würde, als unverhältnismäßig hoch bezeichneten. Angelika Obermayr (Grüne) schlug deshalb vor, lediglich stichpunktartig zu kontrollieren. "Der abschreckende Effekt tritt ja schon dann ein, wenn man dann und wann mal jemanden erwischt", war sich die Fraktionschefin sicher. "Das spricht sich ja schnell herum." Genau das soll nun geprüft werden. Die Verwaltung holt bei dem Detektivbüro ein Angebot für eine deutlich geringere Stundenzahl ein und stellt das Ergebnis in einer der nächsten Sitzungen vor.

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