Grafing/Aßling:Grass 21 will wieder Präsenz zeigen

Grafing/Aßling: Veranstaltungen gegen Extremismus, wie hier 2014 im Alten Speicher in Ebersberg, seien bei Grass 21 immer seltener geworden, so die Kritik.

Veranstaltungen gegen Extremismus, wie hier 2014 im Alten Speicher in Ebersberg, seien bei Grass 21 immer seltener geworden, so die Kritik.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das Bündnis gegen Rassismus und Radikalismus hat in letzter Zeit einige Rückschläge erlitten, nun will es aber im ganzen Landkreis für seine Anliegen werben und Projekte fördern

Von Barbara Mooser und Marc Dimitriu, Grafing/Aßling

Der lokale Aktionsplan Grass 21 verliert an Rückhalt im Landkreis: Nachdem gerade erst im Jugendamt deutliche Kritik laut geworden war, weil Grass 21 nicht - wie vereinbart - seine Angebote auf den ganzen Landkreis ausgeweitet hat, zieht sich nun auch noch das Bündnis "Bunt statt Braun" aus dem Begleitausschuss von Grass 21 zurück. Nach Einschätzung der Vertreter von "Bunt statt Braun" liegt der Fokus bei Grass 21 inzwischen nur noch selten auf Präventionsarbeit gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus, wie es eigentlich im Bundesprogramm "Demokratie leben!" gefordert wird. "Wir wollen die einzelnen Projekte nicht kleinreden", sagt Angela Warg-Portenlänger von "Bunt statt Braun", sie seien für sich wertvoll und hätten einen interkulturellen Ansatz - nur hätten sie eben bisweilen wenig damit zu tun, was sich Grass 21 eigentlich vorgenommen habe und wofür es auch gefördert werde.

Ins Leben gerufen wurde Grass 21 im Jahr 2011 in der Stadt Grafing und den Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Aßling als Präventionsprogramm, um Jugendliche stark zu machen gegen rechte Einflüsse - zuvor waren gerade in Aßling beunruhigende Tendenzen ausgemacht worden, unter Jugendlichen schien sich eine offene rechte Szene zu bilden. Das Programm Grass 21 wird erheblich mit Bundesmitteln gefördert, allein in den ersten vier Jahren flossen insgesamt 345 000 Euro, inzwischen wurden die Beträge etwas reduziert. Das Geld wurde genutzt, um etwa Ausstellungen, Diskussionsveranstaltungen, Workshops oder auch Konzerte und Schülerfahrten zu finanzieren.

Der Begleitausschuss ist ein Gremium, in dem Vertreter von Schulen, Vereinen, des Jugendamts, der Kirchen und Jugendorganisationen sowie die Jugendbeauftragten der beteiligten Gemeinden an der Arbeit des lokalen Aktionsplans mitwirken. Auch darüber, welche Projekte in Angriff genommen werden, wird im Ausschuss diskutiert. Und hier gingen in der Vergangenheit bisweilen die Meinungen gründlich auseinander - unter anderem bei der Planung eines "interkulturellen Weihnachten", bei dem ein marokkanisches Zelt und Kamele als pittoreske Deko in die Region geschafft werden sollten, was, wie manche Ausschussmitglieder fanden, Klischees doch eher befördert als aufgelöst hätte. Letztlich nahm man von der Idee dann doch Abstand.

Die Vertreter des Bündnisses "Bunt statt Braun", das als Ziel den Kampf gegen Rechtsradikalismus hat, kritisieren aber nicht nur, dass sich die Projekte zu wenig an den Richtlinien orientierten, sie vermissen laut Angela Warg-Portenlänger auch eine Evaluation. Eine langfristige Strategieplanung sei ebenfalls nicht zu erkennen, sehe man einmal vom Jugendforum ab, und auch eine echte Breitenwirksamkeit werde von den "Bunt statt Braun"-Akteuren bei Grass 21 vermisst.

In einer E-Mail wurden die Verantwortlichen von Grass 21 und die anderen Mitglieder des Begleitausschusses bereits von der Entscheidung des Aktionsbündnisses informiert. Nachvollziehen könne sie den Schritt aber nicht, sagt Angelika Obermayr (Grüne), Bürgermeisterin von Grafing. Zwar habe es tatsächlich in den vergangenen Sitzungen vor allem mit den Vertretern von "Bunt statt Braun" und des Kreisjugendrings im Begleitausschuss engagierte Diskussionen über die inhaltliche Ausrichtung der Projekte gegeben. Bisweilen seien auch Kurskorrekturen vorgenommen worden, so Obermayr. Sie selbst sei überzeugt davon, dass Grass 21 nach wie vor sehr gute Arbeit leiste. Im Übrigen funktioniere der Begleitausschuss wie ein Stadtrat, die Mitglieder hätten ja gerade die Möglichkeit zur Mitgestaltung. Die Projektorganisation sei aber vor allem an Felix Aschauer vom Verein "Horizonte", dem Hauptansprechpartner von Grass 21, hängen geblieben. "Für mich ist nicht nachvollziehbar, dass man aus dem Begleitausschuss austritt und ihn mit Vorwürfen zurücklässt."

Auch Hans Fent, Bürgermeister von Aßling, sieht es ähnlich: "Ich sehe die Projekte, die auf die Füße gestellt werden und halte sie für eine gute Sache", sagt er. Eine klare Abgrenzung, was nun als Präventionsarbeit gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit gesehen werden könne und was nicht, sei seiner Ansicht nach ohnehin nicht möglich. Felix Aschauer selbst will sich zu dem Schritt von "Bunt statt Braun" nicht äußern, er verweist für eine Stellungnahme auf die Grafinger Bürgermeisterin.

"Sehr enttäuscht" sei er aber über die Kritik des Jugendamts daran, dass Grass 21 bisher noch nicht landkreisweit aktiv ist. "Ich habe mich mit den Bürgermeistern der Gemeinden in Verbindung gesetzt, doch die haben alle abgewunken", so Aschauer. Zudem habe das Jugendamt nie vorher signalisiert, dass Zuschüsse vom Landkreis in Gefahr seien. Nach den Sommerferien werde man sich erneut bemühen, Projekte auf die Beine zu stellen. Bisher gibt es nur fünf, deutlich weniger als früher, woran das liegt, kann sich Aschauer aber auch nicht erklären.

Man wolle den 17-sitzigen Bus, der früher als mobiles Internetcafé genutzt wurde, zu einem mobilen Büro umbauen. "Der Bus wurde leider nicht so richtig angenommen, außer an den Schulen. Deshalb nutzen wir ihn in dieser Form nicht mehr. Heute hat auch jeder einen schnellen Internetzugang am Handy, da braucht man so etwas nicht mehr." Aschauer will noch in diesem Jahr mit dem Bus in alle Gemeinden fahren und Präsenz zeigen, sozusagen als Werbe-Roadshow für Grass 21. Im Bus sollen dann Beratungen und Workshops, beispielsweise für Medienkompetenz, angeboten werden. "Wir wollen damit einfach wieder mehr auf der Bildfläche erscheinen", sagt Aschauer.

Einige Projekte, die Grass 21 fördern möchte, stehen aber bereits fest, darunter ein Schwimmkurs für Flüchtlinge und ein integratives Theaterprojekt für Einheimische und Migranten. Auch das trinationale Jugendcamp mit Gruppen aus Grafing und Ebersberg, Câmpani in Rumänien sowie dem französischen Saint-Marcellin, das derzeit stattfindet, wird von Grass 21 unterstützt.

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