Grafing:Wendiger Rathausstromer

Die Grafinger Stadtverwaltung bekommt einen Elektro-Dienstwagen. Der Golf hat zwar eine höhere Leasingrate als der BMW von Ex-Bürgermeister Heiler, aber die Öko-Bilanz ist deutlich besser

Von Thorsten Rienth, Grafing

Stadtkämmerer Christian Bauer verzieht normalerweise selbst dann keine Mine, wenn um ihn herum der politische Sturm tobt. Seit Jahren zu beobachten bei den Haushaltsberatungen, wo er nüchtern eine Kostenstelle nach der anderen seziert. Redet er aber vom neuen Auto der Grafinger Stadtverwaltung, ist alles anders: Da ist der lachende Mund plötzlich so breit wie das ganze Gesicht: "Der hat richtig Dampf!" Doch statt von einem grollenden PS-Monster spricht Bauer von einem unscheinbaren silbrigen Kleinwagen: Dem neuen eGolf der Grafinger Stadtverwaltung, Nachfolger des früheren Bürgermeister-5er-BMW.

Grafing: Die Autoteiler freuen sich über den Neuzugang des ehemaligen Rathausautos und das neue weiße Elektroauto.

Die Autoteiler freuen sich über den Neuzugang des ehemaligen Rathausautos und das neue weiße Elektroauto.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Von außen sieht der VW aus, wie ein ganz normaler Golf. Doch auf dem Tankdeckel klebt ein rotes Steckdosensymbol. 150 Kilometer weit kommt das Auto mit einer Ladung. "Es ist also ideal geeignet für Kurzstrecken in der Stadt", sagte Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) am Freitag bei der eGolf-Vorstellung. Und was besonders zählt: "Er ist emissionsarm."Als "5er"-Ersatz ergänzt der Volkswagen nun den Fuhrpark des Rathauses, der außerdem noch aus einem VW Polo und zwei Dienstfahrrädern besteht. Die reinen Leasingkosten für jeweils etwa 5 000 Kilometer im Jahr liegen mit 412 Euro für den neuen Wagen zwar über denen des früheren BMWs (386 Euro). Unterm Strich ist der eGolf aber günstiger. Seinen Unterhalt wie Strom, Wartung, Steuer und Versicherung mit einbezogen, koste er die Stadt im Monat 482 Euro, rechnete Bauer aus. Beim "520d" wären es 599 Euro. Aufs Jahr bezogen macht das also etwa 1 400 Euro aus.

Grafing: Nein, hier darf kein Benzin hinein, für dieses Auto kommt der Sprit aus der Steckdose.

Nein, hier darf kein Benzin hinein, für dieses Auto kommt der Sprit aus der Steckdose.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Parallel zur eGolf-Übernahme verkaufte die Stadt ihren VW Polo an die Grafinger Autoteiler (GAT). Zu den Dienstzeiten des Rathauses, also von 8 bis 17 Uhr, ist er allerdings von der Stadt gebucht. "Das ist rechnerisch billiger als ein eigenes Auto, denn Benzinkosten, Wartung und Reparatur trägt der Verein - die Stadt bezahlt nur die Buchungszeit und das Kilometergeld", erklärte Obermayr. Am Wochenende oder abends können die GAT-Mitglieder den "Polo" wie jedes andere GAT-Auto buchen. Im Gegenzug kann die Stadt als Autoteiler-Mitglied andere Autos des Vereins nutzen, sollte der städtische "Fuhrpark" einmal zu klein sein.

Ob es BMW wohl ärgert, dass sich eine bayerische Gemeinde anstatt eines BMW ausgerechnet einen Elektro-VW anschafft? In der Hand gehabt hätte es der Autobauer jedenfalls. Nach den Kommunalwahlen 2014 hatte sich das Rathaus an die Münchner gewandt. Ob sie nicht den "5er" gegen den "i3" tauschen könnten? Doch BMW beharrte auf dem noch etwa ein Jahr laufenden "5er"-Leasingvertrag.

Die Chance, den Grafingern ein Elektroauto "made in Bavaria" zu verkaufen, war damit vertan. Ob des Tauschs hätte vor einem Jahr niemand nachgefragt, wie teuer so ein i3 eigentlich im Vergleich zu anderen E-Autos ist. Nun, da der "5er"-Vertrag auslief, passierte genau das. Die Stadt schrieb das neue Auto klassisch aus. Das Ergebnis war recht eindeutig: Der eGolf kostet bei einer Laufzeit von 36 Monaten 482 Euro monatlich. Für einen BMW i3 wäre der Stadtverwaltung zufolge - bei einer zwölf Monate längeren Laufzeit - für jeden Monat eine Leasingrate von 718 Euro fällig.

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