Grafing:Viel Platz am falschen Ort

Für VHS und Musikschule ist der Haschler-Turm nach wie vor eine Übergangslösung

Von Anja Blum, Grafing

Höchst überrascht ist Musikschulleiter Peter Pfaff, als er von der neuen Option für die Zukunft des Gebäudes in der Rotter Straße 8 erfährt. "Noch am Mittwoch habe ich in der Ausschusssitzung des Zweckverbands die Stadt Grafing gelobt - für ihren Beschluss, das Haus nicht aus der Hand zu geben und es vorrangig für Kultur und Bildung zugänglich zu machen", erzählt er. "Und habe dafür allgemeine Zustimmung geerntet." Selbst Bürgermeisterin Angelika Obermayr habe nichts anderes verlauten lassen. Ohne Informationen von offizieller Stelle aber will Pfaff die neue Entwicklung nun nicht ausführlich kommentieren. Nur so viel: Der sogenannte Haschler-Turm im Grafinger Gewerbegebiet Haidling sei für ihn nach wie vor eine "Übergangslösung". Eine längerfristige zwar, der Mietvertrag zwischen Stadt und Eigentümer läuft über zehn Jahre, aber eben keine für die Ewigkeit. "Es ist eigentlich Konsens, dass man das Ortszentrum durch Bildung und Kultur beleben und vor allem für Kinder eine gut erreichbare Campussituation schaffen möchte", so der Musikschulchef. Wenn das nun in der Rotter Straße nicht mehr möglich sein sollte, "dann muss man sich gleich Alternativen überlegen - das ist ja nur logisch".

Auch für Martina Eglauer, die Leiterin der Volkshochschule, ist die neue Unterkunft am Stadtrand ein Kompromiss. Vor allem ihre abgeschiedene Lage, also dass kaum jemand den Haschlerturm in angemessener Zeit zu Fuß erreichen kann, sei ein großes Problem. "Zu uns kommen viele Senioren, zur Musikschule viele Kinder, da wird der weite Weg schon zur Herausforderung. Insofern wäre es schön, wenn wir langfristig wieder in die Stadtmitte ziehen könnten", sagt die VHS-Chefin, als sie mit Leopold Henneberger von der Musikschule durch das neue Refugium im Gewerbegebiet führt. Hinzu kommt, dass beide Einrichtungen beileibe nicht ihr gesamtes Angebot samt Verwaltung in den Haschlerturm verlegen können - dafür ist er viel zu klein - und daher weiter auf unterschiedliche Standorte im Stadtgebiet verteilt bleiben werden. Das bedeutet, dass sich die bisherigen logistischen Probleme erheblich entschärfen, aber nicht in Luft auflösen. Trotzdem: "Die Grundtendenz ist Zuversicht", sagt Henneberger. Von den neuen Plänen für die Rotter Straße 8 ist an diesem Vormittag allerdings noch nichts bekannt.

Derzeit ist der Turm, der aus den 60er Jahren stammt, eine Baustelle: Draußen steht ein Laster mit neuen Baumaterialien, ein Gerüst umhüllt die Beton-Fassade, das Innere gleicht einem Rohbau. "Der Turm wurde praktisch entkernt", erklärt Eglauer, nur das Treppenhaus samt Aufzug und die Toiletten seien geblieben, sonst habe man die Wände alle herausgerissen. Der Grund ist, dass das Gebäude vorher zahllose kleine Büros beherbergte, Räume, die weder VHS noch Musikschule brauchen können. Beide haben sich für einen großzügigen Raumplan entschieden, schließlich soll hier einmal ausreichend Platz für Bewegung, Atem und Klang sein. Entstanden sind fünf große Räume für Ensembles und Sportkurse, mehrere Umkleiden, zwei Zimmer für Instrumentalunterricht und eine gemeinsame Teeküche. Die Musikschule wird das Erdgeschoss und den ersten Stock bevölkern, die VHS die zweite und die dritte Etage, jeder hat insgesamt 300 Quadratmeter zur Verfügung. Dass man sich dabei nicht in die Quere kommt, dafür wird eine spezielle Dämmung in Decken und Wänden sorgen. Das Konzept dazu hat ein Akustiker entwickelt - sicher keine leichte Aufgabe, denn: "Wir haben am Anfang mal einen Test gemacht: Peter Pfaff hat im Erdgeschoss Horn gespielt - das hat man bis in den vierten Stock hinauf gut gehört", erzählt Henneberger.

Nun aber ist die Vorfreude auf die lichtdurchfluteten, freundlichen Räume groß: "Das ist einfach ganz was anderes, als wenn man in einem fensterlosen Keller unterrichtet oder in einem Klassenzimmer, in dem stapelweise Tische und Stühle stehen", sagt Henneberger. "Ja, in der Rotter Straße haben sich alle im Gang umgezogen. Und wenn das Yoga voll war, ist der letzte mit seinem Kopf fast in den Schuhen gelegen", erzählt Eglauer. Insofern hoffen beide inständig, dass die Attraktivität der neuen Räume die Lage am Stadtrand wett machen wird. Am 24. September soll Eröffnung sein.

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