Ostumfahrung Grafing:Spatenstich für die umstrittenen Kilometer

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Die neue Trasse ist in Grafing noch immer umstritten, die Gegner scheiterten mit ihrem Begehren um 0,04 Prozent. An diesem Montag kommt es nun zum symbolischen ersten Spatenstich - damit beginnt der Bau der Ostumfahrung.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Wenn Ende nächsten Jahres die ersten Autos am neuen Kreisel an der Rosenheimer Straße abbiegen und am Grafinger Osten vorbei in Richtung Gsprait fahren, schließt sich ein verkehrspolitischer Kreis, der irgendwann in den 1960er Jahren begann. Seither stand der ungefähre neue Trassenverlauf der Staatsstraße 2080 gestrichelt in den Landkarten - als Verlauf, wie er hier womöglich einmal kommen könnte. In den vergangenen Wochen ging dann alles ganz schnell: Im Februar wurde der erste Oberboden abgetragen. Im April folgten die ersten Fundamente. Am Montag ist feierlicher Spatenstich.

Für die Zeremonie hat sich Gerhard Eck (CSU), Staatssekretär im Innenministerium angekündigt, mit dabei sein werden zudem Christian Rehm, Bereichsleiter im zuständigen Straßenbauamt Rosenheim, sowie Landrat Robert Niedergesäß (CSU) und die Grafinger Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne).

6,7 Millionen soll die Trasse kosten

Der Ort, an dem die vier den ersten Kies schaufeln, liegt an der Kapellenstraße zwischen dem Schulzentrum und dem Ortsteil Egerloh - also genau in der Mitte der Trasse. Von Süden her biegt sie von einem Kreisel an der Rosenheimer Straße gen Norden ab. Zunächst führt sie zwischen Grafing und dem Ortsteil Schönblick hindurch, am Fuße des Schlittenbergs vorbei und schließlich am Mitterweg entlang nach Gsprait. Dort ist sie an die Ebersberger Südumgehung angeschlossen, neben der Rosenheimer Straße gibt es auch eine Anbindung über die Rotter Straße.

6,7 Millionen Euro kostet das 2,7-Kilometer-Vorhaben laut Planfeststellungsbeschluss vom 22. Dezember 2010. Weil die Trasse eine Staatsstraße ist, bezahlt sie der Freistaat - Ausgaben kommen auf Grafing dennoch zu: Etwa eine halbe Million Euro sind für die Anbindung der Straße an die Sportstätten veranschlagt, die spätestens im Jahr 2019 folgt. Diese Summe muss Grafing selber bezahlen - weil die Verkehrsplaner die Anbindung für überflüssig halten. 575 000 Euro werden voraussichtlich für die Stadtwerke fällig, weil Grafing eine Hauptwasserleitung im Bereich der Rosenheimer und Rotter Straße verlegen muss. Wie viel es am Ende zusätzlich wird, dürfte wohl erst ganz am Ende feststehen.

Hier eine Entlastung - an anderen Stellen eine Belastung

Die Frage, ob die Trasse wirklich nötig ist, ist in Grafing genauso lange umstritten, wie es die gestrichelte Linie auf den Landkarten gibt. Die Befürworter verweisen auf die prognostizierten Verkehrsentlastungen. In der Griesstraße sind es laut Planfeststellungsbeschluss beispielsweise 33 Prozent, in der Rosenheimer Straße 40 Prozent. Die Wasserburger Straße werde "zukünftig fast vollständig (...) entlastet". Letztere Schlussfolgerung steht allerdings unter dem Vorbehalt eines für den Verkehr geschlossenen Kapser Bergs - was de facto nicht der Fall ist. Für den Marktplatz wurden 13 Prozent errechnet.

Letztere Zahl ist - neben Naturschutz, Lärm- und Schadstoffbelastung - Kern der Argumentation der Trassenkritiker. 13 Prozent Entlastung sei ein Unterschied, der gar nicht spürbar sei. Ein 100-Meter-Stau sei dann rechnerisch eben nur noch 87 Meter lang. Deshalb lassen sie auch das Argument der Befürworter nicht gelten, erst mit einer Ostumfahrung sei eine ernsthafte Überplanung des Marktplatzes möglich. Zudem führen sie an, dass der Verkehrsentlastung einiger Straßen eine ebenso spürbare Mehrbelastung an anderer Stelle gegenüber stehe. Der Rotter Straße bescheinigt der Planfeststellungsbeschluss etwa ein Plus von knapp 31 Prozent.

Akzeptanz auch bei den Gegnern der Umfahrung

Aus überörtlicher Perspektive steht freilich anderes im Vordergrund: Die schnelle Verbindung zwischen Rosenheim und der Flughafenregion. Zum großen Showdown der beiden Lager kam es schließlich bei einem gleichzeitigen Rats- und Bürgerbegehren im Dezember 2008. Mehr als 58 Prozent der Wähler stimmten für das Ratsbegehren und damit pro Ostumfahrung. Das Bürgerbegehren der Gegner scheiterte mit 49,96 Prozent.

Danach gab es zwar einige Klagen gegen die Straße, welche die allesamt abgewiesen wurden. Von der einst immer wieder befürchteten Spaltung der Bürgerschaft war schnell keine Rede mehr. Eine Sache, die Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne), wahrlich keine Verfechterin des Vorhabens, gern herausstellt. "Es gab diese Entscheidung - und danach hat es auch jeder so akzeptiert." Dies sei ein Zeichen für die politische Kultur der Stadt.

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