Grafing:Trauer um ein Heiligtum

Dobelkapelle in Grafing, abgebrannt

Im Jahr 1951 wird die neugotische Dobel-Kapelle auf eine Lichtung im Dobelwald überführt.

(Foto: Museum Grafing)

Abgebrannte Dobelkapelle war Wegmarke für die Grafinger

Von Bernhard Schäfer, Grafing

In der Nacht auf Samstag, 16. April, brannte aus bislang ungeklärter Ursache die Dobelkapelle in Grafing nieder. Von weiten Teilen der Bevölkerung wurde die Kunde vom Brandunglück mit großer Betroffenheit aufgenommen, war doch der kleine hölzerne Sakralbau am südlichen Ortsrand vielen Grafingern eine lieb gewordene Wegmarke bei ihren Spaziergängen in den nahen Dobelwald, die Gelegenheit zum meditativen Innehalten oder für ein stilles Gebet bot. Das Schicksal der kleinen Kirche, die vom "Rad- und Kraftfahrerverein Solidarität Grafing" alljährlich als Modell bei der örtlichen Leonhardifahrt mitgeführt wird, gibt Anlass, einen Blick zurück auf die traditionsreiche Geschichte des Heiligtums zu werfen.

Der Stifter der ersten Dobelkapelle war ein gewisser Trometer, Irlbauer von Oberelkofen. In seinem Erscheinungsbild glich das Kirchlein, das mit einem von dem Maler Neumaier geschaffenen Muttergottesbild ausgestattet war, einem Sommerhäuschen.

Als das schmucke Heiligtum baufällig wurde, ließ es Sophie Stadler aus Weyarn, die mit Grafing verwandtschaftlich verbunden war, im Jahre 1870 an selbiger Stelle durch eine neue Holzkapelle mit zierlichem Spitztürmchen ersetzen. Aus der Grafinger Marktkirche, aus der damals die Seitenaltäre entfernt wurden, erhielt der Sakralbau eine Figur der Schmerzhaften Muttergottes.

Nach dem Tod der Stifterin übernahm der Grafinger Färber Egid Daxenberger die Betreuung der Kapelle. Unter Mithilfe des Katholischen Gesellenvereins Grafing versetzte dieser um 1910 eine aus seinem eigenen Garten stammende Holzkapelle an den Platz der inzwischen marode gewordenen und deshalb abgebrochenen Dobelkapelle am Waldesrand.

Auf Betreiben des Grafinger Kunstschreiners Ernst Bauer, eines Enkels des Egid Daxenberger, wurde das im neugotischen Stil gehaltene Kirchlein 1951 mit Erlaubnis der Graf Rechbergschen Gutsverwaltung auf eine Lichtung mitten im Dobelwald überführt, um dieser dort wieder die durch die Bebauung der Nachkriegszeit verloren gegangene Abgeschiedenheit und Ruhe zurückzugeben. Aus Sicherheitsgründen brachte man allerdings die Schmerzhafte Muttergottes in die Marktkirche zurück und ersetzte sie durch eine Altöttinger Madonna.

Von Rowdies stark beschädigt und angezündet, wurden 1984 die noch verbliebenen Reste des Heiligtums abgebrochen und ein Neubau am ursprünglichen Standort beschlossen. Nach Skizzen des Grafinger Heimatkundlers Hans Kießling entstanden Baupläne, die in der Folge auf der Basis einer Holzspende der Straußdorfer Firma Schindecker vom Städtischen Bauhof Grafing in einem Kapellenneubau umgesetzt wurden. Bereits 1985 konnte die so rasch wiedererstandene Dobelkapelle von Stadtpfarrer Norbert Klug geweiht werden. Die Betreuung des Sakralbaues übernahm nunmehr die Arbeitsgemeinschaft für Heimatkunde.

Angesichts einer solchen Traditionslinie verwundert es nicht, dass nach dem ersten Schock und der Trauer ob der Zerstörung der Dobelkapelle sich die Stimmen mehren, die den Wunsch nach einer neuerlichen Errichtung des Kirchleins zum Ausdruck bringen; ein Ansinnen, dem sich wohl kaum einer versagen mag.

Der Autor ist Leiter des Stadtarchivs und Museums Grafing und Vorsitzender des Historischen Vereins im Landkreis.

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