Faschingsvarieté Grafing:Sport und Spott

Beim alljährlichen Varieté des TSV Grafing begeistern die Turnabteilungen mit Akrobatik und die Clowns mit Lokalkabarett.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Da saßen sie alle zusammen: das sogenannte Bürgertum, die Sportler, die Stadträte, die Kulturschaffenden, die Faschingsbären, die ganz normalen Leute. Denn an den Abenden des Grafinger Faschingsvarietés sind gesellschaftliche Grenzen für ein paar Stunden vergessen. Das Faschingsprinzenpaar war da und mehr als ein Dutzend Gruppen - meist aus den Jugendabteilungen des TSV Grafing - führten ihre Programme auf. An vier Vorstellungen in drei Tagen ist es am Wochenende in der Grafinger Stadthalle wieder soweit gewesen - und die Clowns August, Giagl und Wiggal sezierten fleißig die Lokalpolitik.

Der stilisierte Bus für den Einzug der drei war im Wortsinne ein Vehikel hierfür. Denn die Clowns konterten die neuen Ebersberger Stadtführungen mit einer eigenen Grafinger Stadtrundfahrt. Erster Halt: das neue Einheimischenbauland hinter dem Aldi-Markt. "Der schöne Ausblick wird aber wegen dem drei Meter hohen Wall bald nicht mehr möglich sein", hieß es von den Clowns. Tatsächlich bekommt das Areal - jedenfalls zum Teil - einen Schallschutz. An manchen Stellen werden die Bewohner deshalb wohl nur vom ersten Stock aufwärts darüber hinwegsehen können. Nächste Station: die B304-Unterführung bei Gsprait. "Ein Biotop für Kleinstlebewesen", spottete der Stadtführer. "Weil sie eh immer überflutet ist." Schlau seien die Ebersberger schon gewesen; liege doch der größte Teil ihrer Südumfahrung auf Grafinger Seite.

Faschingsvarieté Grafing: Ihre heimlichen Sehnsüchte offenbaren die Figuren auf der Bühne beim Grafinger Faschingsvarieté dem Wunschgeist "Reiner Blödsinn".

Ihre heimlichen Sehnsüchte offenbaren die Figuren auf der Bühne beim Grafinger Faschingsvarieté dem Wunschgeist "Reiner Blödsinn".

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Sketche und Turnvorführungen wechseln sich ab

Zwischen den Sketchen und Liedern turnten sich Jugendliche als Robin Hood durch den Wald. Andere setzten die Weiten des Internets in eine Akrobatik-Show um. Klar, dass Disney genauso dazugehörte wie die verschiedenen Showtanz- und Gardegruppen des TSV. Die Jüngsten aus der Turnabteilung spielten den König der Löwen. Nur mit einem geschickten Trick bekamen die Direktoren Felix Richter und Thomas Urban das Kuddelmuddel aus Löwen und allerlei Savannenfauna danach wieder von der Bühne: mit einem Eimer Süßigkeiten, der erst in der Umkleide aufgemacht werden durfte.

Das Grafinger Varieté wäre das solche nicht, würde es nicht auch persönlich werden. Bei "Reiner Blödsinn", der in diesem Jahr einen Wunschgeist spielte, war das auch außerhalb des Clownprogramms der Fall: Zuerst äffte er den Landtagsabgeordneten Thomas Huber nach, der sich für die rechte Hand des Ministerpräsidenten sowie für die linke des Papstes halte und seine Promi-Selfies über den "Hashtag: Ich bin der Allergeilste" twittere. "Viele Grüße, Euer Tommy." Einer seiner Wünsche: Die Monarchie wieder einführen und den Fähigsten zum König machen.

Faschingsvarieté Grafing: Savanne auf der Bühne: Die Jüngsten der Turnabteilung bezaubern mit der Darbietung "König der Löwen".

Savanne auf der Bühne: Die Jüngsten der Turnabteilung bezaubern mit der Darbietung "König der Löwen".

(Foto: Hinz-Rosin)

Diskussionsgrundlage bietet wie immer das Thema Alkohol

Und auch andere Figuren trugen ihre Wünsche an den Geist heran; den letzten allerdings wies dieser brüsk zurück: Bühnen-Bürgermeisterin Angelika Obermayr wünschte sich eine Stadt ohne Heinz Fröhlich. "Ich bin für Wünsche da. Nicht für Wunder", lautete die Antwort.

Waren die Witze zu böse? Oder zu sanft? Die Diskussionen darüber gehören an Varieté-Wochenenden dazu wie die Sketche selbst. Auch das Thema Alkohol ist ein häufiger Debattengegenstand. Dieses Mal war der Auslöser ein Interview mit dem Prinzenpaar in der Freitagsshow. Da fragten die Moderatoren, wie sich die Faschingszeit am besten überstehen ließe. Prinzessin Julia II. schlug Alkohol vor; Prinz Anian I. riet zu Aspirin; Hofnarr "Silvester, die Rakete" packte einen Maßkrug, trank ihn in einem Zug aus und erntete Applaus. Daraufhin regten sich die einen auf, dass Kindern Lob in Aussicht gestellt würde, wenn sie einen Liter Bier stürzen können. Und die anderen klagten über die ersten: Warum denn eigentlich an allem herumgemosert werden müsse? Denn so ganz vergessen waren sie dann eben doch nicht, die gesellschaftlichen Grenzen.

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