Grafing Neujahrsempfang:Für eine "Kultur der Gelassenheit"

In diesem Jahr solls anders werden: Grafings Bürgermeister Rudolf Heiler regt in seiner Neujahrsansprache einen neuen Diskussionsstil an.

Thorsten Rienth

Grafing ist längst nicht so schlecht, wie es in der Öffentlichkeit oftmals gemacht werde - etwa so lässt sich Bürgermeister Rudolf Heilers Neujahrsbotschaft zusammenfassen. Gehalten hat er sie am Sonntagabend beim Grafinger Neujahrsempfang in einer sehr gut besuchten Stadthalle. Gekommen waren zahlreiche Stadträte, Vorstände von Vereinen, Einrichtungen oder Organisationen, aber auch auffallend viele Grafinger in nicht offizieller Funktion.

Grafing Neujahrsempfang: Plädierte beim Neujahrsempfang für eine "Kultur der Gelassenheit": Grafings Bürgermeister Rudolf Heiler.

Plädierte beim Neujahrsempfang für eine "Kultur der Gelassenheit": Grafings Bürgermeister Rudolf Heiler.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ansprachen bei Neujahrsempfängen handelten normalerweise vom "bürgerschaftlichen Engagement", von "Werten", "von der Zukunftsfähigkeit" oder von "Tugenden gar", begann der Grafinger Bürgermeister seine diesjährige Neujahrsrede vor gut 300 Besuchern.

Mit Sicherheit seien dies alles sehr wichtige Themen, über die es sich alle Jahre wieder gut sinnieren ließe: "Doch wenn man dann wieder in seinen Alltag zurückkehrt, ertappt man sich dabei, wie man sich in den üblichen Mustern bewegt und die Worte vom Vortag zwar hübsches Gerede, aber noch kein Grund waren, seine Vorsätze auch zu verfolgen." Das, so appellierte er an die Zuhörer, "sollten wir heute für uns mitnehmen". Sprich: In diesem Jahr anders machen.

Er habe viel mit Leuten zu tun, die nicht aus dem Landkreis sind, beschrieb Heiler seine tägliche Arbeit. "Und alle kommen nach Grafing und verbinden damit eine besondere Wertigkeit. Trotz seiner Überschaubarkeit scheint Grafing also eine große Rolle zu spielen." Warum dem so sei? Er habe da eine Vermutung, erzählte Heiler. "Ich denke, dass wir Grafinger eine besondere Identifikation mit unserer Stadt haben und stolz darauf sind."

Werfe er allerdings einen Blick in die regionalen Zeitungsartikel, könne man fast meinen, dass Grafings Kultur auf einer spezifischen Streitkultur beruhe, während in anderen Orten scheinbar alles friedvoll und einvernehmlich entschieden werde. Nicht so in Grafing: Dort lese man "tagtäglich und ganz breit vom Ärger". Da habe er bisweilen das Gefühl: "Geht's einem gut, so sucht man sich eben Ablenkung im Streit."

Dies aber sei es nicht, was Grafing ausmacht, versicherte der Bürgermeister: "Das sind ganz andere Dinge, nämlich unsere kulturellen Schätze, Kirchen, Traditionen, die Leonhardifahrt, unsere Vereine, unsere Bürger und unser Brauchtum." Schätze wie diese gelte es in der Zukunft zu bewahren. Dabei seien alle gefordert.

"Lassen Sie uns deshalb für das kommende Jahr vornehmen, unsere Streitkultur - das Wort Kultur setze ich hier bewusst in Klammern - zu ändern", richtete sich Rudolf Heiler an die Grafinger. "Diese Kultur soll konstruktiv sein, uns voran bringen und dabei zielorientiert sein."

Gänzlich auf ein Lob für das Engagement der Bürgerschaft verzichtete Heiler freilich nicht: "Ein herzliches Vergelt's Gott für Ihre wertvolle Arbeit!" Diese Werte müssten auch zum Beispiel werden in den politischen Debatten der Gemeinde, "um eine Kultur der Gelassenheit zu schaffen".

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