Grafing:Kameras decken Mülltourismus auf

Grafing Wertstoffhof Kapellenstrasse.

Bitte lächeln: Wer seine Wertstoffe an der Sammelstelle hinter der Comenius-Schule ablädt, wird dabei von Kameras aufgenommen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Seit 2016 wird die Sammelstelle hinter der Comenius-Schule überwacht. Das Ergebnis: 48,5 Prozent der erwischten Wertstoffsünder kommen nicht aus der Stadt

Von Thorsten Rienth, Grafing

Überquellende Wertstoffinseln oder solche, neben denen Sperr-, Rest- oder Biomüll herumliegt, sind in Grafing ein Ärgernis mit langer Geschichte. Die im vergangenen Jahr neu eröffnete Sammelstelle am Parkplatz hinter der Comenius-Schule hat die Stadt deshalb gleich mit Videokameras ausgestattet. Die erste Auswertung bestätigt: "Es gibt bei uns echten Mülltourismus", berichtet Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne): 48,5 Prozent der Verstöße seien Leuten zuzuordnen, die nicht in Grafing wohnten.

Die Kameras aktivieren sich mit ihren Infrarot-Bewegungsmeldern selbst, sobald innerhalb eines festgelegten Zeitfensters ein Auto vorfährt. Abgespeichert auf einer SD-Karte landen die Bilder oder kurzen Videosequenzen auf dem Schreibtisch von Stephan Meyerhofer im Rathaus. Am Computerbildschirm sichtet er sie. Wie die Kameras genau geschaltet sind, will Meyerhofer freilich nicht in der Zeitung veröffentlicht wissen. Was er aber sagen kann: "Wir haben zwei Kameras, das bedeutet zwei Blickwinkel - da bekommt man schon das Allermeiste von dem drauf, was wichtig ist." Wichtig, das ist einmal die Tat selber. Und natürlich das Autokennzeichen. "Als wir uns die ersten Verstöße angeschaut haben, waren wir ganz schön überrascht", sagt Meyerhofer. "Da gab es welche, deren Postleitzahl mit Null beginnt."

Freie Hand hat Grafing bei der Staffelung der Bußgelder nicht. Zugrunde liegt der offizielle Bußgeldkatalog. Wer Müll ablädt, der nicht in die Container gehört, oder Wertstoffe außerhalb der Öffnungszeiten abliefert, wird mit einem Bußgeld zwischen 15 und 35 Euro belegt, je nach Schwere des Falles. Wer erwischt wird, zahlt allerdings spürbar mehr. Zum Einstiegsbußgeld von 15 Euro kommen noch 25 Euro Verwaltungsgebühr hinzu und 3,50 Euro für die Zustellung des Bescheids. Macht also 43,50 Euro.

Bürgermeisterin Obermayr zufolge geht es bei den Kontrollen nicht um Schikanen. "Im Mittelpunkt steht der Erziehungseffekt", erklärte sie unlängst im Stadtrat. Wer einmal erwischt werde, halte sich beim nächsten Mal wahrscheinlich an die Öffnungszeiten und lege auch keinen Müll neben den Containern ab. Der Bußgeldkatalog leiste dabei erzieherische Unterstützung. Bei Wiederholungstätern steigen die Preise.

Kameras einfach auch an den anderen betroffenen Wertstoffannahmestellen aufzustellen, ist für die Stadt keine Option. Der Datenschutz setzt der Sache enge Grenzen. Zum Beispiel muss der Erfassungsbereich so eingestellt sein, dass öffentliche Verkehrsteilnehmer nicht gefilmt oder fotografiert werden. Die Überwachung innerhalb der Städte - zum Beispiel die Grafinger Problem-Annahmestelle in der Lederergasse - ist dadurch oftmals ausgeschlossen. Vielleicht müssen aber auch gar nicht alle Container kameraüberwacht werden. Die Grafinger Taktik der jüngeren Vergangenheit, direkt in den Wohngebieten kleinere Wertstoffinseln aufzustellen, scheint sich auszuzahlen. Dort funktioniere die soziale Kontrolle ziemlich gut, heißt es aus dem Rathaus.

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