Grafing:Gemeinsam in die Zukunft

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Mehr Solidarität fordern Simone Burger, Werner Bachmeier, Eva Maria Volland und Angelika Obermayr beim DGB Jahresempfang in Grafing. (Foto: Christian Endt)

Beim Jahresempfang des DGB-Kreisverbandes geht es vor allem um mehr Solidarität in der Gesellschaft

Von Wieland Bögel, Grafing

Mehr gemeinsam anzupacken statt jeder für sich, diesen Wunsch für das nicht mehr ganz junge Jahr gab es nun auf dem Jahresempfang des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) oft zu hören. Ein wichtiger Teil dieser Solidarität - da waren sich die Teilnehmer einig - ist mehr soziale Gerechtigkeit, um eine Spaltung der Gesellschaft zu verhindern.

"Es muss sich einiges ändern", fasste DGB-Kreischefin Eva-Maria Volland ihre Erwartungen an 2017 zusammen. Eine gute Gelegenheit für Veränderungen könnte die Bundestagswahl im Herbst sein. Volland zeigte sich erfreut darüber, dass der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz bereits Änderungen an der Agenda 2010 angekündigt hat, jener Sozialreform, welche man aus Sicht der Gewerkschaften nur als "katastrophal" bezeichnen könne. Noch nie seien so viele Menschen im Niedriglohnbereich beschäftigt gewesen. In den vergangenen Jahren habe sich "die Schere zwischen Arm und Reich" immer weiter geöffnet, was auch am Steuersystem liege. Volland forderte, größere Vermögen höher zu besteuern. Zunehmende Ungleichheit durch "Lohn-Dumping" beklagte auch DGB-Regionsgeschäftsführerin Simone Burger, dadurch werde auch die Altersarmut steigen. Zumal das Rentenniveau bis 2030 auf 43 Prozent des letzten Gehaltes sinken soll. Durch Beitragserhöhungen lasse sich dies nur begrenzt abmildern, so Burger, und auch eine längere Lebensarbeitszeit komme für die Gewerkschaften nicht in Frage. Der Ansatz des DGB sei daher "dass alle mitzahlen", also auch Beamte und Selbständige.

Auch die beiden Bundestagsabgeordneten aus dem Landkreis, Ewald Schurer (SPD) und Andreas Lenz (CSU), sprachen sich für Veränderungen bei Rente und Steuern aus. "Man wird schauen müssen, wie man die Rente auf Dauer sichern kann", sagte Schurer. Möglicherweise könne dies über eine sogenannte Maschinensteuer gelingen, die auf Produktivität und nicht auf Löhne erhoben wird. Lenz sprach sich für eine stärkere Anhebung der niedrigen Renten aus, "wir müssen uns die Frage stellen, ob eine Rente von 2500 Euro genauso stark steigen muss, wie eine von 900 Euro". Gerechter wäre es, bei Rentenerhöhungen zunächst alle Bezüge auf einen Mindestbetrag anzuheben. "Das höre ich sehr gerne", sagte SPD-Stadtrat Franz Frey, und auch anderswo sollte es Erhöhungen geben: "Es kann doch nicht sein, dass der Staat bei so vielen Beschäftigten draufzahlen muss", kritisierte er die Praxis des "Aufstockens" von Niedriglöhnen über die Sozialkassen.

Unsoziales findet sich für die Referenten aber auch anderswo, etwa in der Finanzpolitik der EU, auch hier gebe es eine Spaltung zwischen Arm und Reich, so Volland. Die Südländer, wie etwa Griechenland, seien "Opfer einer zynischen Austeritätspolitik", würden also zum Sparen gezwungen, ohne dass sie davon einen Nutzen hätten. Profiteure solcher Ungerechtigkeiten seien oft Populisten, so Volland, "rechte Regierungen in Europa nehmen zu". Aber auch in Deutschland seien die Vereinfacher auf Erfolgskurs, sagte Burger, immerhin sitze die AfD seit vergangenem Jahr in fünf weiteren Landtagen. Gegen die Populisten helfe nur Widerspruch und Diskussion und vor allem, eigene Ideen dagegen zu stellen. Besonders wichtig dabei sei Empathie, betonte Volland, "dass wir von der Konkurrenz zwischen den Menschen wegkommen" und das Gemeinwohl ins Auge fassen.

Wie schwer dies selbst im kleinen Bereich manchmal fallen kann, schilderte Grafings Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) am Beispiel des sozialen Wohnungsbaus. Dass man mehr günstige Wohnungen brauche, forderten fast alle, werde es allerdings konkret, "beschweren sich manche bei der Stadt, dass man ihnen die Aussicht verbaut". Manchmal, so die Bürgermeisterin, wäre es daher schön, "wenn man sich ein bisschen zurücknimmt, die Perspektive der anderen einnimmt und schaut, was für das Allgemeinwohl am besten ist".

© SZ vom 24.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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