Grafing:Flugblatt gegen Flüchtlingsunterkunft

Grafing: Hier am Ortsrand von Grafing bei Schammach soll einmal die neue Unterkunft für Asylbewerber und obdachlose Menschen entstehen.

Hier am Ortsrand von Grafing bei Schammach soll einmal die neue Unterkunft für Asylbewerber und obdachlose Menschen entstehen.

(Foto: Christian Endt)

In Grafing ruft ein anonymer Verfasser dazu auf, ein Bürgerbegehren gegen den von der Stadt geplanten Standort an der Glonner Straße zu starten.

Von Barbara Mooser

In Grafing wird mit Flugblättern gegen die geplante Flüchtlingsunterkunft an der Glonner Straße mobil gemacht. "Wer startet ein Bürgerbegehren, um diesen Standort zu verhindern?", heißt es darin unter anderem. Mit offenem Visier kämpft derjenige, der für die Kampagne verantwortlich ist und die gelben Zettel in Teilen der Stadt verteilt hat, aber nicht: Statt dessen hat er wohl ganz bewusst das Pseudonym "Prinz Eugen" gewählt. Der historische Adelige kämpfte im 18. Jahrhundert für die Habsburger gegen die Türken.

Mit der Wahrheit nimmt es der Verfasser des Flugblatts auch sonst nicht so genau. Das ist es, worüber sich Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) ärgert. "Bis zu 200 junge Männer aus Arabien und Afrika???" Schon der Titel des Pamphlets besteht aus einer falschen Behauptung, wie Obermayr unterstreicht, denn von 200 Bewohnern war nie die Rede. Statt dessen soll die Unterkunft, die die Stadt selbst bauen will, insgesamt maximal 150 Menschen beherbergen: 120 Asylbewerber plus 30 anerkannte Flüchtlinge und andere Menschen, die obdachlos geworden sind.

"Mich kann nichts mehr so schnell erschüttern", sagt die Bürgermeisterin

Die Entscheidung für die Unterkunft sei überdies seit November 2015 bekannt, nicht erst seit 2016, wie es in dem Flugblatt steht. Ansonsten ist auf dem Zettel die Rede von Flüchtlingen, "die 24 Stunden nichts zu tun haben", es ist auch die Aufforderung - oder Drohung - zu lesen: "Grafinger Männer, Frauen und Mädchen, freut euch auf interessante Begegnungen." Angesichts einer steigenden Zahl an Mails und Briefen, in denen gegen Flüchtlinge gewettert wird, "kann mich inzwischen nichts mehr so schnell erschüttern", sagt die Bürgermeisterin. "Feige" sei es, dass sich der Verfasser des Flugblatts nicht einmal mit seinem Namen zu erkennen gebe.

"Das ist wirklich übel", sagt Anne Cohrs vom Verein Ausländerhilfe, der viele der Grafinger Asylbewerber betreut, über das Flugblatt. Sie habe aber bereits mitbekommen, dass zunehmend gegen Flüchtlinge gehetzt werde, dass die Stimmung gereizt sei und den Asylbewerbern alles Mögliche einfach unterstellt werde. "Man muss ständig diskutieren", sagt Cohrs, das mache sie auch, jedenfalls mit denen, die Argumenten noch zugänglich seien: "Wir können doch nicht alle abdriften lassen." Eines unterstreicht Cohrs aber auch: "Es gibt immer noch genügend Leute mit einer positiven Einstellung." Die Hilfsbereitschaft sei in Grafing nach wie vor groß.

Anwohner haben in Grafing bereits eine Unterkunft verhindert

Das bestätigt Elisabeth Kajnath vom Helferkreis: "Uns ist auch schleierhaft, wovor man Angst haben sollte." Angst entstehe dann, wenn man etwas nicht kenne und sich damit nicht befasse. In Grafing laufe die Betreuung der Flüchtlinge gut, man habe derzeit auch genügend Helfer, die sich um die Menschen kümmern. Willkommen wären aber wohl dann neue Unterstützer, wenn die neue Unterkunft bei Schammach tatsächlich eröffnet ist. Das Ziel des Grafinger Stadtrats ist es, dass das noch in diesem Jahr passiert.

Denn Unterkünfte werden überall im Landkreis dringend benötigt, auch Grafing muss nachlegen - und erst kürzlich hatten massive Proteste der Anwohner eine kleine Flüchtlingsunterkunft in der Mühlenstraße gekippt. Zwar besteht auf dem Grundstück Baurecht, im Prinzip könnte sofort losgelegt werden, ein örtlicher Unternehmer hat sich aber angesichts des massiven Widerstands letztlich dagegen entschieden.

Grafing: Anwohnerproteste haben Pläne für ein kleineres Projekt in der Mühlenstraße vor kurzem gekippt.

Anwohnerproteste haben Pläne für ein kleineres Projekt in der Mühlenstraße vor kurzem gekippt.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Informationen über das aktuell geplante Vorhaben, aber auch über die Flüchtlingssituation im Landkreis generell soll es bei einer Informationsveranstaltung an diesem Donnerstag, 11. Februar, geben. Außer der Bürgermeisterin und Landrat Robert Niedergesäß werden auch Vertreter von Asylsozialberatung, Helferkreis und Tafel die Situation erläutern. Der Ebersberger Polizeichef Hendrik Polte wird auf die Sicherheitslage eingehen. Auch der unbekannte Flugblattschreiber wird wohl bei der Veranstaltung dabei sein - jedenfalls fordert er andere zum Kommen auf. Die Veranstaltung in der Stadthalle beginnt um 19 Uhr.

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