Einer von ihnen verfügt über diesen sonoren Klang, den man nicht lernen kann, sondern hat oder nicht hat. Wer beim Radio Moderator werden will, der braucht deshalb immer auch ein bisschen Glück, er sollte mit passenden Stimmbändern gesegnet sein. Insofern ist dieses neue P-Seminar durchaus realitätsnah, denn den Moderator soll der 16-jährige Jakob Skudlik machen. Er ist der junge Mann mit dem Radiosound, das hat sein Lehrer gleich erkannt. Der mit der tiefen Stimme spricht, so ist das im echten Rundfunk-Alltag - und so machen sie es wahrscheinlich auch im Seminar.
Dienstagmittag, zehn Grafinger Gymnasiasten sitzen um einen Tisch, zwei Männer mit Block und Stift sind gekommen. Ein Pressegespräch, wo die einen Fragen stellen und die anderen antworten. Die Szene passt ins Bild, denn was die Jugendlichen vorhaben, soll möglichst so sein, wie im echten Leben, "es soll Praxisbezug haben", sagt Paul Schötz, Seminarleiter und Direktor des Grafinger Gymnasiums. Die zehn sind allesamt in der elften Klasse und haben in den kommenden sechs Monaten ein gemeinsames Vorhaben: Sie wollen eine zweieinhalbstündige Radiosendung produzieren, mit Moderation, Musik und Studio-Gästen. Und dazu mit einem besonderen Schwierigkeitsgrad: Die Sendung soll live im Internet gesendet werden.
Gar nicht so ohne, was die zehn in ihrem Projektseminar vorhaben. Es geht mit der Technik los, man muss mit dem Aufnahmegerät umgehen können, lernen, wie man Töne schneidet und sich pfiffige Fragen für Interviews überlegen, damit der Zuhörer nicht umschaltet. "Wir wissen, dass es ein Risiko ist und sind nicht sicher, ob es ein Erfolg wird", sagt Robin Brunnthaler, er ist 16, wie die meisten hier.
Sie hätten auch andere Projekte wählen können, seit der Einführung der Praxisklassen in Bayern gibt es da ja fast nichts mehr, das es nicht gibt. Doch das wollten die zehn Gymnasiasten nicht. Fast alle erzählen, dass sie sich bewusst für dieses Seminar entschieden hätten, "ich interessiere mich für den Beruf Journalismus", sagt zum Beispiel Robin Brunnthaler mit leuchtenden Augen.
Vielleicht hat ihn und die anderen aber auch einfach das Konzept überzeugt. Wie bei jedem P-Seminar gibt es auch hier einen externen Begleiter, einen, der kein Lehrer ist, den man in Grafing aber gut kennt. Initiiert hat das Projekt Sebastian Schlagenhaufer, der kulurbeflissene Chef der benachbarten Stadthalle, auch er sitzt mit am Tisch. "Mir geht es darum, die Kulturszene vor Ort zu vernetzen", sagt er. Auf seine Initiative hin habe das Gymnasium "ein bisschen gebraucht", sagt er. Nun wolle er die Schüler aus dem Nachbargebäude an die Musik heranführen.
Musik? Klar, gehören doch beim Radio auch schneidige Songs dazu, "wir überlegen, ob wir eine Band einladen", sagt Ben Müller, der Teamsprecher. Inhaltlich soll es unter dem Motto "Lebst du noch oder surfst du schon?" um die Digitalisierung im Landkreis gehen, aufgeteilt in fünf Themenbereiche mit Experten aus der Region: Jugend, Arbeit, soziales Leben, Forschung und Politik. "Wir wollen zum Beispiel schauen, wie es mit dem Breitbandausbau im Landkreis bestellt ist", sagt Ben Müller - ein wichtiges Thema, weil schnelles Internet zur Infogesellschaft dazugehört, und weil es damit auf dem Land oft hapert.
Senden wollen die Schüler aus der Turmstube der Stadthalle, Ausrüstungen bekommen sie aus Schlagenhaufers Sammlung, Mikrofon, Aufnahmegerät, Mischpult. Wie sie die Live-Übertragung hinbekommen wollen, "da sind wir gerade noch unsicher", sagt Teresa Emmert, 16, sie ist die Pressebeauftragte. Am 26. April soll das Ganze über die Bühne gehen. Vielleicht wird Moderator Jakob Skudlik noch eine Co-Moderatorin zur Seite gestellt bekommen, das macht es bei Interviews etwas einfacher. Eine von vielen Fragen, die sie im Seminar in den kommenden Monaten klären wollen.
Auf Facebook ist die Seite des P-Seminars unter den Stichworten "Lebst du noch oder surfst du schon? - Livetalkshow am 26.4.2017" zu finden.