Grafing:Es bleibt laut

Ostumfahrung Grafing wg. Engerloh Lärmschutz

Seit September rauscht der Verkehr auf der Umfahrung an Engerloh vorbei, die Anwohner sind genervt.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Als letzte Instanz lehnt auch Grafings Bauausschuss mehr Lärmschutz entlang der Ostumfahrung ab. Den Anwohnern bleibt nur wenig Hoffnung auf Besserung

Von Thorsten Rienth, Grafing

Die Anwohner entlang der Grafinger Ostumfahrung müssen auf absehbare Zeit ohne zusätzlichen Lärmschutz auskommen. In seiner Sitzung am Dienstagabend hat der Bauausschuss Maßnahmen entlang der Trasse kategorisch abgelehnt. Nachdem Straßenbauamt und Landratsamt dies ebenso ausschlossen wie ein schärferes Tempolimit, war die Stadt die letzte Instanz, die unmittelbar etwas hätte bewirken hätte können.

Seit der Verkehrsfreigabe im September sind die Engerloher laut: "Dort wo Felder waren, entwickelt sich jetzt eine Autobahn", klagte Manfred Stürzer. Die einst berechneten Lärmwerte könnten unmöglich mit der Realität vor dem Ortsteil übereinstimmen, schlussfolgert er. Seine Nachbarn sehen das ähnlich. Erst am Montag schrieb Frank Thiele eine geharnischte E-Mail ans Landratsamt und nahm die Stadträte mit in den Verteiler. Bayern drücke "die monetären Kosten zu Lasten der Anwohner". Anstatt aktiv zu werden, lehnten sich Behörden wie Grafinger Politik zurück. "Das ist (...) gelinde gesagt eine Zumutung."

Eine betoffene Familie hatte den Antrag gestellt

Anlass für die Beratung im Bauausschuss war ein Bürgerantrag der Familie Stürzer. Er zielt im Kern auf zusätzlichen Lärmschutz sowie eine Geschwindigkeitsreduzierung ab. Wie gering die Erfolgschancen sein würden, hatte die Beschlussvorlage aus dem Rathaus bereits angedeutet: Einmal falle die Angelegenheit nicht in den "gesetzlichen Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich der Stadt". Zudem lägen die berechneten Lärmwerte "erheblich unterhalb der Zumutbarkeitsgrenze". Bis zum gesetzlichen Grenzwert fehlten noch 10 dB(A). "Es muss bei objektiver Betrachtung festgestellt werden, dass hier nicht ansatzweise eine Rechtfertigung für freiwillige Lärmschutzmaßnahmen besteht."

Dies war in der Sitzung auch die Argumentationslinie der Stadt. Gesetzt, der Stadtrat würde sich grundsätzlich für freiwilligen Lärmschutz entscheiden, hätte er sogar andere Gegenden zu priorisieren. In Schammach liege der Schallpegel neben den Bahngleisen bei bis zu 75 dB(A). Das sei ein Vielfaches der Engerloher Belastung.

Ohne Grunderwerb würde eine Lärmschutzwand 1,5 Millionen Euro kosten

"So leid mir das tut", sagte Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne), "uns fehlt hier für eine Lärmschutzwand jegliche Grundlage." Damit eine solche tatsächlich wirksam wäre, müsse man sie obendrein bis Gsprait ziehen. Sie koste, grob überschlagen und noch ohne Grunderwerb, rund 1,5 Millionen Euro und wäre von Grafing selbst zu bezahlen.

Zahlreiche Stadträte übten deutliche Kritik an den bestehenden - und ihrer Ansicht nach zu laschen - Lärmschutzrichtlinien. "Mir fehlt da einfach das Verständnis", klagte CSU-Stadträtin Susanne Linhart. Man müsse sich doch wirklich die Frage stellen, "ob die Verordnungen wirklich so sein müssen, wie sie sind." Es wolle ihm nicht in den Kopf, sagte FW-Stadtrat Christian Einhellig, "dass sich die Behörde einer Reduzierung dort auf 70 Kilometer in der Stunde so verweigert!" Bislang sind vor Engerloh 100 Kilometer in der Stunde erlaubt.

Heinz Fröhlich (Bündnis für Grafing) erinnerte an die Formulierung aus den Bürgerentscheiden über die neue Straße, dass diese "landschafts- und bürgerverträglich" sein müsse. "Das heißt aber auch, dass wir, wenn Leute die Straße nach zwei Monaten als deutlich zu laut empfinden, entgegenkommen müssen." Seinem Antrag, eine Lärmschutzwand zumindest zu prüfen, lehnte der Rest des Gremiums allerdings ab.

Der Landrat mischt sich ein

Drei Dinge könnten die Engerloher aber auf eine Verbesserung ihrer Situation hoffen lassen: Zum einen beschloss der Ausschuss, nach der Verkehrszählung im Frühjahr eine schalltechnische Prüfung einzufordern. Laut Bauamt besteht die Möglichkeit, dass der Lärmschutz nachgebessert werden muss - wenn denn mehr Fahrzeuge als gedacht auf der Straße unterwegs seien. Zum anderen teilte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) mit, sein Amt bereite gerade ein Schreiben an Regierungspräsidentin Brigitta Brunner vor. Darin werde man ein Tempolimit beantragen, "wenn auch eventuell zunächst nur befristet, um die Unterschiede messen zu können". Der Schritt ist bemerkenswert: Die Fachbehörden hatten das Limit bislang kategorisch verneint. Und laut Grafinger Bauamt dürften für eine Entscheidung keine Schallmessungen, sondern lediglich Berechnungen herangezogen werden.

Allenfalls könne die Begrenzung auf 70 Stundenkilometer im Zuge der für das übernächste Jahr geplanten Sportstättenanbindung kommen. Dann werde das Straßenbauamt wegen der Abbiegespur womöglich von selbst aktiv, hieß es aus der Verwaltung. Wobei die Betonung aktuell noch auf dem Wörtchen "womöglich" liege.

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