Grafing:Das Leben und die Poesie

Der mehrfache deutsche Poetry-Slam-Meister Lars Ruppel kommt ins Grafinger Gymnasium und präsentiert dort seine Gedichte und Balladen über zehn bekannte Redensarten.

Interview von Rita Baedeker

Die Idee des Poetry Slams entstand 1984 in einem Jazzclub in Chicago, längst sind die Wettkämpfe zum festen Bestandteil der jungen Kulturszene geworden. Erlaubt ist den Reimeschmieden jede Form von selbst geschriebenem Text. Einer der besten der Zunft ist der mehrfache deutsche Meister Lars Ruppel aus Berlin, der am Mittwoch, 17. Februar, um 19 Uhr (Einlass 18.30 Uhr) ins Gymnasium Grafing kommt und dort sein Programm "Holger, die Waldfee" präsentiert - eine Parade von zehn bekannten Redensarten, die er kunstvoll-anarchistisch zerlegt. Darüber hinaus veranstaltet der 31-Jährige das Poesie-Projekt "Weckworte" für an Alzheimer Erkrankte. Mit der SZ sprach er über seine dichterische Arbeit.

SZ: Wie kamen Sie auf die Idee, Redewendungen, die oft Nonsens, aber allgemein üblich sind, für Ihre Texte zu verwerten?

Lars Ruppel: Ganz einfach aus Faulheit. Ich muss ja immer wieder neue Texte schreiben. Und in diesem Fall brauchte ich mir nicht eigens ein Thema zu überlegen.

Wir wollen nicht um den heißen Brei herumreden! Wie finden Sie Sprüche wie "Hallo, alter Schwede"?

Ich benutze in meinem Alltag solche Redensarten nicht, sondern versuche immer, Floskeln zu vermeiden.

Der Titel Ihrer Lesung in Grafing lautet "Holger, die Waldfee!" Wer ist Holger?

Eigentlich heißt der Spruch "Holla, die Waldfee". Ich habe aber immer Holger verstanden und mir dazu eine Geschichte ausgedacht, in der ein Geist den Wald vor großem Schaden bewahrt.

Kennen Sie die Ursprünge der Redensarten, mit denen Sie arbeiten? Der Spruch von der Waldfee etwa soll sich auf Frau Holle, die einen Naturgeist verkörpert, beziehen. Aber genau weiß es niemand.

Mich interessiert die Herkunft der Sprüche ehrlich gesagt nicht. Ich erforsche sie auch nicht. Mir geht es nur darum, dass die Figuren, ob Schwede oder Waldfee, für mein Gedicht etwas hergeben.

In der tollen Ballade vom Alten Schweden stecken viele Alliterationen wie zum Beispiel "Sägespäneschwaden schwebten" oder "schweres Schneeschuhstapfen". Das klingt wie Musik.

Ich achte natürlich sehr auf ein korrektes Versmaß und die Metrik. Die Texte sollen sich ja schließlich zum Vorlesen eignen.

Wie kamen Sie zu den Poetry Slams? Besitzen Sie ein besonderes Sprachtalent ?

Ich habe mit 16 mit dem Slammen angefangen. Ich fand, es sei ein schönes neues Hobby, ich hatte bis dahin noch keines. Ich glaube jedoch nicht an Fähigkeiten oder Talente, sondern nur an Übung. Ich habe zum Beispiel nie besonders gerne Gedichte gelesen und lese auch jetzt keine. Ich schreibe nur welche und lese sie vor. Lesen macht mir nicht so viel Spaß, wahrscheinlich weil ich jeden Tag mit Worten arbeite.

Sie haben auch Slams im Sudan, in Russland, Indien und in anderen Ländern organisiert. Gibt es dort eine ähnliche Szene?

Ich biete dort das gleiche Konzept an wie hier, aber manches wurde nicht so gut aufgenommen. Im Sudan zum Beispiel konnten sich die Leute nicht damit anfreunden, dass ihre Texte bewertet werden. Der Dichter und seine Kunst haben dort einen anderen Stellenwert. Beim Poetry Slam geht es aber darum, das hehre Dichterbild zu dekonstruieren und zu entmystifizieren.

Bei Ihrem Projekt "Weckworte" veranstalten Sie Gedichte-Workshops mit dementen Menschen, die Berichten zufolge bei den Alten für Momente verschüttete Erinnerungen wach rufen. Wie kamen Sie auf diese schöne Idee?

Ich als Dichter muss schauen, dass ich Arbeit bekomme. Und ich habe festgestellt, dass es einen Bedarf an rhetorischen Fortbildungen für Senioren gibt. Ich mache hier aber nur einen Job und bekomme viel Geld dafür. Das ist keine caritative Leistung. Aber ich freue mich sehr, dass das Projekt Erfolg hat und ich damit Menschen glücklich machen kann.

Dürfen bei Ihrem Auftritt in Grafing auch die Schüler slammen?

Ja, wenn sie Lust dazu haben. Ich veranstalte vorher mit denen einen Workshop. Bei der Show erzähle ich dann über mein Leben und die Poesie, und wie beides zusammenpasst.

Einen kleinen Eindruck vom Wortkünstler Lars Ruppel gibt es hier. Karten sind im Vorverkauf im Sekretariat und in der Bücherstube Slawik erhältlich.

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