Glonn:Schön verwackelt

Tulpen

Lange schon hängt diese großformatige Fotoarbeit in Sebastian Kuglers Küche und macht gute den Familienmitgliedern gute Laune.

(Foto: Sebastian Kugler)

In ihrer Ausstellung "Spielräume" präsentieren die Fotofreunde Glonn in der alten Klosterschule eine faszinierende Auswahl an technischen und künstlerischen Spielarten

Von Rita Baedeker, Glonn

Es gab einmal eine Zeit, da waren verwackelte Fotos verpönt. Lichtbildner, die auf sich hielten, brauchten eine ruhige Hand. Galt es, eine längere Belichtungszeit zu wählen, nahm man ein Stativ zu Hilfe. Und das Motiv, insbesondere, wenn es sich um ein lebendes Modell handelte, hatte gefälligst still zu sitzen oder zu stehen.

Lange her. Wer sich die unter dem Titel "Spielräume" gesammelten Fotoarbeiten der Fotofreunde Glonn in der Alten Klosterschule anschaut, könnte schwindlig werden von Kaskaden aus Lichtreflexen, von kreisenden, wirbelnden, irrlichternden und dank Fotoshop wie impressionistische oder die Realität verfremdende Malerei wirkenden Landschaften und Bauten. Nicht nur mit Hilfe der Nachbearbeitung werden aus Fotografien Gemälde; auch die Aufnahmetechnik ist trickreich. Die Kamera wird beim Auslösen bewegt und gedreht. "Das ist jetzt Mode", sagt Sebastian Kugler, Vorsitzender der Fotofreunde.

Der Titel "Spielräume" gibt einen Vorgeschmack auf den Variationsreichtum der Arbeiten, sowohl bei Motiv und Technik als auch bei der Art der Präsentation. "Jeder durfte da machen, was er will", fasst Kugler das Anliegen der Ausstellung zusammen. Große Rahmen, kleine Rahmen, Leinen, Aluplatten und Papier, mit Blattgold bearbeitet und bemalt.

Die Apsis der ehemaligen Kapelle der Klosterschule gehört der Seniorin der Gruppe, der Profifotografin Inge Kolb. Während der Dauer der Ausstellung trägt das Halbrund den Namen "Inges Biotop". Kolb zeigt Tierbilder - zwei Enten, deren Schwimmbewegungen konzentrische Kreise im Wasser ziehen; gestaltet ist das Bild nach Art fernöstlichen Minimalismus. Eine Schlange hat sie so fotografiert, als rotiere deren blaugelb geschuppter Leib um die eigene Mitte. Wunderschön die Stadttauben auf dem Pflaster, das hier einen rasenden Wirbel bildet, der das Auge in die Tiefe zu saugen scheint. Horst Ehrenberg zieht es gleich in die dritte Dimension. Auf seiner aus zwei Monitoren bestehenden Installation zeigt er kurze Tonbildschauen, die der Betrachter über eine beiliegende Polarisationsbrille räumlich erleben kann.

Auch Sebastian Kugler "spielt" fantasiereich mit dem Medium. Einige seiner Arbeiten sind eine Hommage an die griechische Insel Karpathos, seine "zweite Heimat", wie er sagt. Seine Themen: die Verschmelzung von Wasser und Himmel, der malerische Effekt, den eine bewegte Kamera erzeugt, die farbigen Lichtreflexe einer Batterie alter Weinflaschen. Eindrucksvoll in seiner meditativen Stimmung: das Bild "Schattenplatz", das einen Stuhl im Schatten eines Olivenbaums zeigt. Auf dem schwarz-weißen, mit zarter Brauntönung bearbeiteten Motiv flimmern zigtausende silbriger Blätter und lassen den Betrachter eintauchen in einen Moment der Ewigkeit.

Gleich daneben zeigt Harald Biebel seine Vision eines bewegten Waldes. Lange Verschlusszeiten geben den Stämmen plastische und mystische Qualität. Als Farbexplosion gar erscheint das Foto einiger bunter, an der Fassade eines Hauses am Klostersee in Ebersberg montierten LED-Leuchten. An der Kamera, so erklärt der Fotograf, wurde eine lange Belichtungszeit eingestellt und während des Auslösens die Brennweite am Tele-Zoom verstellt. Die untere Hälfte entstand dann durch die Spiegelung im See. Eine experimentelle Spielerei ist auch seine Seenlandschaft mit mehreren sich überlagernden Motivebenen, auf denen wechselweise Wasserflächen, Vögel, Berge und Steine zu sehen sind.

Manche der Glonner Fotografen haben sich bei dieser Ausstellung zu mehrteiligen Tableaus entschlossen: Zum Beispiel Gisela Wimmer, die "Spielräume" leuchten lässt und aus fein komponierten Blütenporträts eine "Schönheiten-Galerie" macht - ganz ohne Kamera-Tanz. Auch Jürgen Bochynek bevorzugt die Ruhe. Seine Fensterserie, aufgenommen in Carmel in Kalifornien, Graz und Venedig ist ein Fall für Detailverliebte. Die Fenster sind vergittert, der Raum dahinter gleicht liebevoll gestalteten Bühnen, angefüllt mit Korken, einem Vogelkäfig, einer Blume im Keramik-Übertopf. Zufällig entdeckt und doch wie sorgfältig inszeniert wirken die Aufnahmen.

An die Zeilen eines Gedichts von Matthias Claudius ("Der Mond ist aufgegangen") fühlt man sich bei Axel Ungers Panoramabild "Morgenlicht" erinnert. "Der Wald steht schwarz und schweiget und aus den Wiesen steiget, der weiße Nebel wunderbar. . . " Dieses Bild eines Taleinschnitts in den Bergen am frühen Morgen atmet feierliche Stille, ist ein Sehnsuchtsort im allzu bewegten Alltag.

Vernissage der Ausstellung "Spielräume" der Fotofreunde Glonn in der Galerie Klosterschule ist am Freitag, 17. April, um 19.30 Uhr. Die Ausstellung ist Samstag und Sonntag, 18. und 19. sowie 25. und 26. April, 14 bis 18 sowie 10 bis 18 Uhr, geöffnet.

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