Gerichtsurteil:Ein Verhängnisvolles Abbiegemanöver

Der Verursacher eines tödlichem Motorradunfalls bei Steinhöring wird vor dem Amtsgericht Ebersberg zu einer Geldstrafe verurteilt.

Von Katharina Behmer, Ebersberg

"Es kam etwas Schwarzes auf mich zu - und dann hat es schon geknallt." So erinnerte sich der 44-jährige Autofahrer an den schweren Unfall zurück, in den er am 30. August 2014 in Steinhöringverwickelt war. Nun saß der Selbstständige auf der Anklagebank des Ebersberger Amtsgerichts und musste sich wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Denn das "Schwarze", das seiner Aussage nach auf einmal vor ihm auf der Straße auftauchte, war ein Motorrad. Der Knall rührte vom Aufschlag her, als die Maschine frontal auf seinen schwarzen Wagen prallte.

Der angeklagte Pkw-Fahrer aus dem Altlandkreis Wasserburg kam auf der B 304 aus Richtung Tulling, als er kurz nach dem Ortseingangsschild von Steinhöring links in die Hintsbergerstraße einbog. Dabei übersah er einen entgegenkommenden 59-jährigen Münchner, der auf seinem Motorrad in Richtung Wasserburg unterwegs war. Es kam zum Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge, durch den der Motorradfahrer über das Auto geschleudert wurde und mit schweren Schädel- und Rückgratverletzungen auf der Fahrbahn liegen blieb. Obwohl der Mann nach kurzer Zeit von einem Rettungshubschrauber in eine Münchner Spezialklinik geflogen wurde, konnte ihm dort nicht mehr geholfen werden. Er erlag seinem schweren Schädel-Hirn-Trauma.

Die Sicht soll teilweise versperrt gewesen sein

Der Autofahrer blieb unverletzt. Noch ein Jahr später ist es ihm allerdings unerklärlich, wie es zu dem Unfall kommen konnte: "Ich bin da jeden Tag abgebogen. Ich kenne diese Ecke und hab vorher schon gewusst, da ist es gefährlich." Die Sicht auf den weiteren Verlauf der B304 sei ihm teilweise durch ein Maisfeld versperrt gewesen. Deshalb will er auch gleich zweimal auf die Straße und in alle Autospiegel geschaut haben. "Für mich war die Straße definitiv frei, sonst wäre ich ja nicht abgebogen", betonte er immer wieder vor Gericht. Dieses sollte nun die Schuld an dem Zusammenstoß klären.

Eine schwere Aufgabe, denn die Umstände, die zu dem fatalen Unfall führten, waren ein Zusammenspiel aus vielen Aspekten: Der Autofahrer hatte dem Motorradfahrer zweifelsfrei die Vorfahrt genommen. Dieser wiederum war, laut einem Verkehrs-Sachverständigen, mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit unterwegs. Bei einem ordnungsgemäßen Tempo von 50 Stundenkilometer innerorts wäre der Unfall zumindest "vermeidbar" gewesen. So das Fazit der Analyse. Stattdessen habe der Kradfahrer sein Fahrzeug auf bis zu 80 Stundenkilometer beschleunigt und statt dem Abblendlicht nur das Standlicht eingeschaltet.

Auch die Einschätzung eines zweiten, medizinischen Gutachters wies zumindest auf ein Mitverschulden des Opfers hin: Die Kopfverletzungen, die schließlich zum Tod führten, seien nur so schwer ausgefallen, da sich der Motorradhelm beim Aufschlag vom Kopf löste. Dies spreche dafür, dass der Helm nicht richtig verschlossen wurde: "Wäre er anständig gesichert gewesen, hätte er wohl gehalten", so der Mediziner. Durch die überhöhte Geschwindigkeit sei zwar die Verletzungsgefahr auch mit diesem Schutz "sehr hoch" gewesen - mit Helm wäre aber immer grundsätzlich weniger Schaden zu erwarten.

Die Zeugin spricht vom Schlenkern des Motorrads

Auch eine Zeugin, die zwei Fahrzeuge hinter dem Wagen Richtung Steinhöring fuhr, konnte bestätigen, dass sich der Helm gelöst hatte: "Der Motorradfahrer ist zu mir hin geflogen und der Helm zum Randstein." Die Büroangestellte will den Motorradfahrer außerdem schon Sekunden vor dem Aufprall gesehen haben: "Der hat Schlenker gemacht", gab sie zu Protokoll. Doch die Ausweichversuche nach rechts seien vergeblich gewesen, da gerade ein anderes Auto diese Spur blockiert habe. Für den Verteidiger ist das ein weiterer Beweis dafür, dass sich an diesem Tag "sehr viele unglückliche Umstände gehäuft" hätten. Die volle Schuld sah er deshalb nicht bei seinem Mandanten und plädierte gegen ein von der Staatsanwaltschaft gefordertes Fahrverbot.

Die Richterin Vera Hörauf sah ein solches Verbot allerdings als notwendig, um dem Angeklagten die Folgen seines Handelns "noch einmal vor Augen zu führen". Dieser muss nun einen Monat auf den Führerschein verzichten und 90 Tagessätze zu jeweils 30 Euro bezahlen. Heute gibt es an der Unfallstelle eine eigene Spur für Linksabbieger.

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