Für Eltern, die ein Kind verloren haben:Seelischer Beistand

Die Gruppe Verwaister Eltern bekommt zwei neue Leiterinnen. Die notwendige Ausbildung ist kostspielig

kmp

- Wer, wenn nicht selbst Betroffene, könnten auch nur ansatzweise die Qualen nachvollziehen, die Eltern im ersten Schock schier um den Verstand bringen, wenn das Schlimmste passiert: Der Tod des eigenen Kindes. "Man wird regelrecht verrückt", sagt Ruth Reinhart aus Grafing. Nicht nur, was den Schmerz betrifft, sondern auch ganz bildlich gesprochen. Auf das Brutalste weggeschubst von dem Platz, auf dem man sich im Leben eingerichtet hat. 15 Jahre später kann Ruth Reinhard sagen, dass man mit dem Geschehenen leben lernt, "auch wenn ein Teil des Schmerzes immer bleibt". Ihr Sohn war als 18-Jähriger beim Klettern tödlich verunglückt.

Geholfen hat Reinhart und ihrem Ehemann damals eine Selbsthilfegruppe verwaister Eltern, die das Paar in München besuchte. Vier Jahre später entschloss sich die Grafingerin, eine solche Gruppe für den Landkreis Ebersberg anzubieten. Elf Jahre lang hat sie die Gruppe geleitet, in der Eltern einen geschützten Rahmen finden, in dem sie ungefiltert über ihre Trauer sprechen können. Wo sie schweigen und leiden dürfen und dabei immer die Gewissheit haben, verstanden zu werden. Unterstützt wurde sie dabei von der Eglhartingerin Brigitte Groß-Elbs, deren Sohn mit acht Jahren bei einem Fahrradunfall ums Leben kam. Dass sich beide Frauen nun nach vielen Jahren des ehrenamtlichen Engagements und der damit verbundenen ständigen Konfrontation mit dem persönlichen Schicksal zurückziehen können, verdanken sie den SZ-Lesern und deren Spenden an den Adventskalender für gute Werke. So fanden sich zwei Mütter, die sich bereit erklärt haben, die Gruppe zu übernehmen. Weil aber gerade bei einem so schmerzlichen Thema wie dem Verlust eines Kindes nicht nur viel Kraft dazugehört, andere Eltern in der gleichen Situation aufzufangen, sondern auch die Stärke, professionelle Distanz zu wahren, ist eine Ausbildung notwendig. Darin geht es um Trauerbegleitung, aber auch um die Erkenntnis, dass der Verstand zwar weiß, was passiert ist, die Seele das aber nicht akzeptiert. Oder dass das zweite Jahr nach dem Tod des Kindes oft schlimmer ist, weil den Eltern und Geschwistern die Endgültigkeit des Verlustes noch bewusster wird und die Erschütterung über das Geschehene viel länger dauert, als die meisten Nichtbetroffene annehmen.

Reinhart ist froh, dass die Ausbildung mit Hilfe des Adventskalenders bezahlt werden konnte. Nicht zuletzt auch, weil dieses Jahr die traurige Notwendigkeit der Gruppe bestätigt hat. In den vergangenen Monaten seien auffällig viele junge Menschen gestorben. Weil sie aus dem Leben scheiden wollten, krank waren oder bei einem Unfall ums Leben kamen - zuletzt ein 17-jähriger Ebersberger, der nach dem Besuch einer privaten Feier von einem anderen Gast überfahren und tödlich verletzt worden war. "Den Eltern dann das Gefühl zu geben, in ihrer seelischen Not verstanden zu werden, ist Sinn der Gruppe", sagt Reinhart.

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