Markt Schwabener Sägmühle:"Dann werde ich eben Landwirt"

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Im Streit um die Markt Schwabener Sägmühle wird deutlich, dass die Absperrungen und Neubauten weg müssen - auch weil dort kein Bauer am Werk ist. Beim Ortstermin des Gerichts kündigt der Besitzer eine Umschulung an.

Report von Korbinian Eisenberger, Markt Schwaben

An der Mühle hinter dem Ortsschild beginnt die Idylle, der Fehlbach plätschert, Vögel singen, und zwischen dem Laub blitzt kurz die Sonne. Der einzige Lichtblick an diesem Mittwochmorgen, nur dass er wahrscheinlich niemandem auffällt. Die Gruppe ist zu sehr mit Zanken beschäftigt. Im satten Grün sind die Arme verschränkt und die Augen verkniffen, bei diesem Streit, der zur Dorfposse wurde. Fünf Verwaltungsrichter sind aus München gekommen, sie sollen eine Lösung finden. Eine undankbare Aufgabe.

In Markt Schwaben streiten sie sich seit vielen Jahren um die Frage, was der Besitzer des Grundstücks mit der alten Sägmühle darf und was nicht. Und nun kommt es seit langem einmal wieder zu einer Verhandlung am Ort des Geschehens, ein Grundstück mitten auf dem Land. Die Vorsitzende Richterin ist Cornelia Dürig-Friedl, nach zwei Stunden Verhandlung kommt sie zu einer Einschätzung: Weil Peter M. auf dem Grundstück keine Landwirtschaft betreibe, habe er dort weniger Freiheiten als ein Bauer, soviel ließ sie durchblicken. Für das Urteil könnte das sehr gut bedeuten, dass er dort Gebäude, Anbauten und Zäune wieder abreißen muss.

Und so ist es mit der ländlichen Idylle ganz schnell vorbei, da kann das Laub noch so schön rascheln, hier an der alten Sägmühle, wo kaum mal ein Auto vorbei kommt, dafür Spaziergänger und Radfahrer - zumindest war das mal so. Damit hat auch alles angefangen: Das Grundstück mit der Mühle war Durchgang für eine beliebte Spazierstrecke im Ort. Und genau diesen Weg hat der Grundbesitzer seit gut zwei Jahren mit Bauzäunen versperrt, ihn störten Spaziergänger und Hunde auf seinem Grund (so würde es vielleicht anderen auch gehen). Konsequenterweise hat er auf der anderen Wegseite dann noch die Brücke über den Fehlbach abgerissen. Vielen Spaziergängern stinkt all das - auch deshalb stehen hier 20 Männer und Frauen in der Kälte und zoffen sich.

So manchen hat die Sägmühle in Markt Schwaben zermürbt

Thema war die alte Mühle schon immer im Ort, so manchen Ex-Besitzer hat sie zermürbt. Das neueste Kapitel begann 2011, als der Münchner Peter M. das Grundstück ersteigerte und der Gemeinde vor der Nase wegschnappte. Seither pocht er auf eine Erlaubnis, um die alten Bauerngebäude zu Wohnhäusern umbauen zu dürfen. Einige Sanierungen hat er inzwischen bereits unternommen, allerdings ohne Genehmigung, deswegen hat das Ebersberger Landratsamt an diesem Herbsttag vier Mitarbeiter gesandt, sie wollen durchsetzen, dass Peter M. einiges wieder abreißen muss. "Man kann im Außenbereich nicht tun und lassen, was man will", sagt Albin Schenk, der Bauamtschef. M. hat das Landratsamt wegen diesem Bescheid verklagt.

Tiernamen im Gerichtssaal
:"Sie sind ein rüder Büffel"

Im Streit an der Markt Schwabener Sägmühle gerät der Besitzer im Gerichtssaal mit dem gegnerischen Anwalt aneinander. Ein Vergleich ist längst passé, jetzt soll in diesem Fall erstmals ein Urteil gesprochen werden.

Von Korbinian Eisenberger

Das Urteil wird in den kommenden Tagen verschickt, wahrscheinlich werden M. seine bäuerlichen Erfahrungen dann als unzureichend ausgelegt, was schlecht ist für seine bisherigen und zukünftigen Bauvorhaben. Aufgeben will M. nicht, ganz im Gegenteil, er trägt eine Soldaten-Jacke, will weiterkämpfen, sieht sich im Recht. "Wenn es heißt, ich soll Landwirt werden, dann werde ich eben Landwirt", erklärt er vor versammelter Runde. Ob das sein Ernst sei, fragt die Richterin. "Todernst", sagt M. ohne Ironie. Falls es mit der offiziellen Zulassung für seine Damwild-Gehege schwierig werde, müsse er umsatteln. "Dann machen wir halt Pferde", sagt er.

Ansonsten werden keine Tiernamen ausgetauscht, nicht wie sonst, wenn es vor Gericht um die Sägmühle ging. Zahlreiche Prozesse hat es gegeben, M., die Gemeinde und das Landratsamt verklagen sich stets verlässlich gegenseitig. Längst geht es dabei nicht mehr nur um Baurecht und Paragrafen. Es geht auch darum, am Ende zu gewinnen, wohl auch deshalb hält sich die Kompromissbereitschaft bei diesem Treffen arg in Grenzen: Das Landratsamt erklärt, man habe hier keinen Spielraum, der Abriss von M.s Rohbau sei "nicht verhandelbar". Um dieses Gebäude geht es ja im Kern. M.s Anwalt sieht so "keine Basis für einen Vergleich", klar, wer will schon abreißen, was er gerne ausbauen würde, dann lieber eine Umschulung zum Agrarwirt.

Mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts wird das Zinnober um die Markt Schwabener Sägmühle sicherlich nicht in die letzte Runde gehen, auch das wird deutlich. Niemand wirkt ernsthaft überrascht, als sich die Streithanseln gleich zum nächsten Prozess verabreden: Das Landratsamt spricht M. ein Verbot für weitere Bauarbeiten in einem Nebengebäude aus, was dessen Anwalt prompt mit einer Klage kontert, die Richterin diktiert es seufzend ins Protokoll. Der Bürgermeister vergräbt die Hände in der Jacke, Georg Hohmann könnte vermutlich laut losschreien, stapft dann aber lächelnd durchs Laub davon. Es ist eben wie es ist: Der Herbst lässt Blätter vom Baum fallen, und um die Sägmühle wird gestritten.

© SZ vom 26.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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